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Brief von Gertrud Isolani an Grete von Urbanitzky, 1942, Seite 1 und 2
Archivalie
Brief von Gertrud Isolani an Grete von Urbanitzky, 1942, Seite 1 und 2
Brief von Gertrud Isolani an Grete von Urbanitzky, 1942, Seite 1 und 2

Archivalie

Absender*in (DE, 1893 - 1989)
Empfänger*in (1891 - 1974)
Datierung1942
BeschreibungTranskription:

Gertrud Isolani-Sternberg Lons-le.Saunier
(Jura)
Hotel Martinet
21. Oktober 42.
24. Okt. 42
Liebe Frau von Urbanitzky,
Der letzte Brief, den ich von Ihnen
erhielt, war vom 20. August, ich selbst
sandte Ihnen am 31. August eingeschrieben
ein Bücherpaket, enthaltend:
Meinen Kriminalroman: "Die letzte Havanna"
Janon: Les Salopards
jolinon: Guerillas 1808
Roblès: La Vallée du Paradis
Lefèvre: Le Jardin Secret
Giono. Manosque des Plateance.
Ich hoffe, dass die Bücher in Ihren
Besitz gelangt sind, und dass Sie in-
zwischen bereits Schritte unternommen
haben, um den Kriminalroman zu pla-
cieren und die Übersetzung der fran-
zösischen Bücher anzubieten. Da ich
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seit dem 22. September von Nay fort
bin, unter den schwierigsten Umständen,
und mich seitdem mit Mann und
Tochter auf einer unfreiwilligen und
abenteuerlichen Wanderschaft befinde, -
mit äußerst dramatischen und kriminal-
romanhaften Zwischenfällen, - hatte ich
bis jetzt keine feste Adresse und bekomme
erst in den nächsten Tagen meine Post aus
Nay nachgeschickt, und hoffentlich dabei
einen Brief von Ihnen. Es wäre
schön, wenn Sie den Kriminalroman pla-
cieren, event. falls erwünscht, umarbeiten
könnten und beteilige Sie an dem Honorar
in der von Ihnen gewünschten Höhe,
die einzige Bitte, so viel Geld wie möglich
und einen sofort zahlbaren Vorschuss
für mich herauszuholen. Ich würde
Ihnen dann sofort schreiben, wie Sie
mir das Geld überweisen können. Eine
Übersetzung der angebotenen Bücher
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könnte ich sofort in Angriff nehmen,
müsste aber um baldige Entscheidung
von Seiten eines Verlages bitten, damit
mir der Verlag in Alger die Option
weiter reserviert. Die Kritik über "Viviane",
die in verschiedenen französ. Zeitungen
erschienen ist, haben Sie hoffentlich er-
halten. Der Rezensent Pierre de Brissacque,
ein Saarländer, der in deutscher und
französischer Sprache schreibt, will das
Buch übersetzen und bietet es französ.
Verlagen an. Sie werden bald von ihm
direkt Nachricht erhalten. Ebenso von
Madame V. Kubié, 7, rue Bargouin in Pau,
die sich für "Es begann im September"
und "Miliza" interessiert u. die Bücher
bzw. nur Miliza dem "Temps", für den sie
arbeitet und viele Übersetzungen macht,
anbieten will. Sie will dann an verschie-
dene Buchverlage herangehen.
Soweit das Geschäftliche. Nun muss
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ich Sie leider noch mit einer persönlichen
Situation, die momentan sehr schwierig ist,
behelligen und Ihren freundlichen Rat,
Ihre gütige Hilfe erbitten. Ich bin mit
meiner Familie von Nay unter den be-
drohlichsten Umständen fort, die ich Ihnen
nicht näher erklären kann, die Sie aber
sicher erraten können. Hier bekommen
wir nurfür einige Wochen Aufenthalt.
Unsere Auswanderungspapiere nach
Nordamerika sind soweit fertig, dass
täglich die Visa-Bewilligung aus
Washington erwartet werden kann, aber
dann dauert es unter Umständen noch
Wochen, ehe das franz. Ausreise-Visum bewilligt
und die für uns in U.S.A. bezahlten
Schiffsplätze belegt sind. Solange
wird es vermutlich nicht mehr möglich
sein, hier abzuwarten, die Situation ver-
schlimmert sich von Tag zu Tag. Wir
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haben daher am 24. September 42 in Lyon
beim Schweizer Konsulat unsere Einreise
in die Schweiz beantragt, mit der Begrün-
dung, dort nur unsere Ausreise nach U.S.A.
abzuwarten, also für eine Aufenthaltsdauer
von etwa 2 Monaten. Ich wäre Ihnen nun
unendlich dankbar, wenn Sie mit Hilfe
Ihrer ausgezeichneten Beziehungen meine
Demande d'entrée en Suisse, die am 25.
September nach Bern gegangen ist, unter-
stützen könnten bzw. mir postwendend
mitteilten, an wen ich mich mit der
Bitte um wirksame Unterstützung
wenden könnte. Sie könnten bei
einer Intervention Ihrerseits geltend
machen, dass ich seit Jahren schweize-
rische Propaganda in Frankreich mache,
und Korrespondentin von Schweizer
Zeitungen in Frankreich bin. Ich habe
zahlreiche Artikel über Schweizer
Industrien, Künstler, Autoren, Bücher

geschrieben und habe mich für französische-
schweizerischen Kulturaustausch wirksam
eingesetzt.
Im Voraus wärmsten Dank für Ihre
Bemühungen. Könnte Dr. Emil Oprecht,
bei dem ein Teil meines neuen Buches
liegt, den ich aber persönlich nicht kenne,
für mich intervenieren ? Und könnten
Sie ihn wohl darum bitten ?
Mit besten Grüssen,
in unendlicher Dankbarkeit
stets Ihre
Gertrud Isolani-Sternberg

KlassifikationArchivalie
Anzahl/Art/Umfang1 eigenhändiger Brief mit Unterschrift
ObjektnummerHHI.2016.G.1001.338