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Brief von Jarno Jessen an Miriam Eck, 1901, Seite 1
Archivalie
Brief von Jarno Jessen an Miriam Eck, 1901, Seite 1
Brief von Jarno Jessen an Miriam Eck, 1901, Seite 1

Archivalie

Absender*in (1868 - 1926)
Empfänger*in (1861 - 1915)
Datierung1901
BeschreibungTranskription:

Berlin-W.
51 Steglitzer Str.
22.7.1901.
Liebes Fräulein Miriam
Eck!
Als ich Ende Juni aus England
heimkehrte, fand ich Ihre freundliche
Grußkarte vom 25.5. vor. Sie
seufzten zwar so lieb – wehmütig
von dem dornenvollen Pfade der
Kunst, - aber ich musste die Ver-
sicherung des Wiederhalls dieses
Seufzers bis zum heutige
Tage in mir verschlossen tragen.
Um nun nicht mit Ihnen eine
Art "Klagereise" frei nach solchen
Hodlers Conception aufzuführen,
will ich in Ihren Seufzer nicht

einstimmen. Schwüle Juligluten
und eine Künstlermonographie, die
ich zu schreiben habe, würden meine
Gefühlsschwäche vielleicht auch mit
einer Motivierung umkleiden, aber
ich versuche wie stets krampfhaft
lieber auf die Seite der heroischen
Naturen überzutreten. Daher
habe ich Ihnen folgende to the
point Mitteilungen zu machen:
Zunächst hat mich Ihr Gedenken
herzlich erfreut, - trotzdem ..
einstmals im Berliner Frauen-
klub beim Diskussionsabend etc.
etc - -. Ferner hoffe ich, daß
Sie sich jetzt in der Sommerluft
Ihrer heimatlichen Berge

recht gründlich kräftigen, die Schwingen(?)
Ihrer Mühe stählen. Ich lese
gerade jetzt das Weiberdorf, (von Clara Viebig)
lese es mit der Anerkennung
eines starken Talents, aber, -
aber – mit dem Gedanken an
Ruskins Satz, daß: die höchste
Kunst auch zugleich immer die
höchste Delikatesse gewesen.
"Willst Du genau erfahren
was sich ziemt, ist heut bei unseren
Schreibenden Frauen etwas
außer Kurs gesetzt. Mein
geliebter kleiner Bruder Ernstchen,
dem heut ein so populärer Erfolg
nachläuft, wird, denke ich, einst auch
noch auf sehr anderen Bahnen
wandeln. Auch Hans von Kahlenberg

ist in solcher Wandlung begriffen.
Meine englische Studienreise in
London & Glasgow & Edinburgh
war sehr instruktiv. Ich habe
große Werke und große Menschen
genossen. Jetzt throne ich augen-
blicklich ganz einsam in meinem
lieben Heim und muß sehr fleißig
arbeiten. Anfang August soll ich
mich noch mit der lieben Mutter
& irgend einer Schwester an
der Ostsee treffen.
Machen Sie meine Redseligkeit
nach, liebe Miriam Eck.
Ich bin mit freundlichen
Grüßen Ihre
Anna Michaelson-Jessen

KlassifikationArchivalie
Anzahl/Art/Umfang1 eigenhändiger Brief mit Unterschrift
ObjektnummerHHI.2016.G.1001.357