Skip to main content
Brief von Elisa von der Recke an Unbekannt, 1. Seite
Korrespondenz von Elisa von der Recke an Unbekannt
Brief von Elisa von der Recke an Unbekannt, 1. Seite
Brief von Elisa von der Recke an Unbekannt, 1. Seite
ObjektnummerHHI.2016.G.1001.391

Korrespondenz von Elisa von der Recke an Unbekannt

Absender*in (1754 - 1833)
Empfänger*in
Datierung1817
BeschreibungTranskription:

Berlin den 25. Febr. 1817
Wenn ich erst jetzt Ihren freundschaftlichen Brief, meine edlen Freunde beantworte, so sieben Sie dies auf den schmerzhaften Druck meines Körpers, unter dem ich Monatehindurch litt. Erst seit wenigen Tagen fängt mein Zustand an, schmerzfreyer zu werden.Mögte der Ihrige, mein leidender Freund, diesen traurigen Winter besser als der Meinegewesen seyn.
Ihre beiderseitige Freundschaft gehört zu den schönsten Erwerbungen meines Lebens,und wir könnten einander nicht mehr als Freunde werden. Sie, meine Freunde, diesmalnicht in Karlsbad zu sehen, ist mir eben so schmerzhaft, als ihre Versetzung nachGöttingen mir willkommen ist.
Dort findet Ihr heller Geist einen angemeßeneren Wirkungsbereich, und edlere Nahrungals zu Halle.
Auch können Sie in Göttingen mehr für die Erziehung Ihrer Kinder thun; Ihre Gesundheit wird sich durch die reinere Luft stärken, und die herrliche Gegend Sie allerseits erheitern.Freuen werde ich mich, wenn Sie mir in der Folge schrieben, dass meine Erwartung in dieser Rücksicht erfüllt worden ist.
Sehr fühle ich mich durch Ihr Urtheil über die drey ersten

Theile meiner Reise geschmeichelt. Über meine Erwartungen sind diese, aus dem Innern meiner Seele geflossenen Bemerkungen aufgenommen worden: aber destomehr wird mein vierter Theil, der zu Ostern erscheint, getadelt werden: da dieser vorzüglich die Resultate meiner Beobachtungen über den Einfluß der römischen Kirche auf den Volkscharakter der Italiener enthält, und Nebenbemerkungen über den Einfluß der Regierungen, auf die Moralität und das Glück der Völker eingewebt sind. Ich würde diesen 4ten Theil nie aus-
gearbeitet haben, wenn Mystik und steigender Aberglaube jetzt nicht in allen Ländern den Katholizismus beförderten. Gott weiß es, nach lautem Beifall strebte meine Seele nie! Freundschaft und Achtung der Edleren war und ist nur mein Himmel auf Erden! Blos der Drang meines Herzens andere für Gefahren schwärmerischer Mystik zu warnen, der es fast gelungen wäre, meine Jugend unglücklich zu machen, bewog mich in frühen Jahren gegen C a g l i o s t r o und Strark aufzutreten; und jetzt, wo ich Gefahr für den Protestantismus ahne, macht mein Gewissen es mir zur Pflicht den vierten Theil meiner Reise durch Italien drucken

zulassen, und die durch äußeren Pomp anziehende Gebräuche der katholischen Kirche mit ihren dem echten Christenthume nachtheiligen Lehrsätzen darzustellen. Denn die meisten Protestanten, die sich zum Katholizismus hin neigen fühlen sich durch das Äußere, so mancher imponierenden Gebräuche angezogen. Beherziget auch nur eine Seele, was ich aus meinem Inneren nach prüfenden Beobachtungen, tief bewegt, nieder schrieb, dann werde ich es nie bereuen, dass ich mit meinen Ansichten öffentlich vor dem Publikum auftrat; denn mystische Schwärmerey, und verderblicher Aberglaube, erheben jetzt in allen Ländern mächtig das Haupt. Nicht weit von Chemnitz wird die sogenannte kluge Wunderfrau, welche durch Besprechung und eine Nadel alle möglichen Krankheiten heilen soll, vom Könige von Sachsen geschätzt, und zu tausenden Kranken ziehn aus der Nähe und Ferne zu der Wunderthäterin, ohne dass die Regierungen untersuchen lassen, ob ihre zur klugen Frau wahlfahrtenden kranken Unterthanen auch geheilt werden. - Hier wird der Magnetismus kräftig betrien; in Rom ist ein neuer Heiliger aufgestanden, und 20 teutsche Künstler sind in diesem Jahre daselbst katholisch geworden, indessen alle protestantischen Mächte, England ausgenommen, die unglücklichen Protestanten im südlichen Frankreich, ohne sich zu regen, morden und verfolgen lassen. Durch Wellingtonist es doch so weit gekommen, dass die Protestanten zu Nîmes nicht mehr

gemordet werden und wieder ihren Gottesdienst halten dürfen; aber ihre Mörder und Verfolger sind nicht nur, nicht bestraft, sondern zu Ehrenstellen erhoben worden.Von mehreren Seiten habe ich über diesen grässlichen Unfug die traurigsten Darstellungen gelesen. Doch ich will mich lieber zu einem erfreulicheren Gegenstande hinwenden. Meine gute Schwester gedenkt selbst in Paris mit Vergnügen an die schön genossenen Tage in Karlsbad und wünscht den Freunden empfohlen zu sein, deren liebevoller Umgang ihren Aufenthalt im Bade verschönte: Sie ist gottlob gesund, und mich hat sie durch ihr wohlgetroffenes Oehlgemälde, vor 14 Tagen erfreut. Nicht nur ihre holde Gestalt ist auf die Leinwand hingezaubert, auch ihr Geist ihr himmlisches Gemüth strahlt aus den Zügen ihres lieblichen Gesichtes hervor. Mit Euch Ihr Lieben, mögte ich vor diesem stehn, und mich Eurer Freude über dies wohlgetroffene Bild freuen! Es ist so süß, was wir lieben von edlen Menschen geliebt zu wissen.

Eigenhändiger Absatz:

Verzeyhen Sie beyderseits, dass ich bis hierher, meinen Brief an Sie, verehrte Freunde, nur diktierte; mein Befinden, das zwar besser ist macht dies nothwendig; und Sie, edle Freundin, haben mir noch mehr zu verzeyhen. Schon in den ersten Tagen des Dez. erhielt ich das Brieflein meiner guten Schwester für Sie, ich war so krank, dass ich Ihnen nicht schreiben konnte, und so behielt ich Ihr kleine (?) Eigenthum bis heute zurück. Für jedes Wort der Liebe, welches sich in Ihrem Briefe, edle Frau, für mich so schön ausdrückt, danke ich Ihnen mit ganzer Seele; seyen Sie es fest überzeugt, dass ich Ihren Werth würdige, und Sie recht herzlich liebe. Das Marien Bad ist, wie ich aus Ihren und Ihres Gemahles Auffassungen (?) über Zustand seiner theuren Gesundheit schließe, nicht so wohlthätig gewesen als wir es in Löbichau hoffen, dass es seyn werde, denn da der Theure sich nicht merklich besser befindet, als er sich nach dem Carlsbad befand ohne Marien Bad gebraucht zu haben, so wankt mein Entschluss zu Marien Bad nach dem Carlsbad meine Zuflucht zu nehmen. - Ihre munteren kräftigen Knaben drücke ich (...) an das Herz, dass sie doch ihren Eltern ähnlich werden mögen, nur sey zugleich die Gesundheit und der liebenswürdige Frohsinn der edlen Mutter das Erbtheil der guten Kinder. Mein Herz sagt es mir, die beyden vergessen nicht ihre wahre Freundin Elisa.



KlassifikationArchivalie - Korrespondenz
Anzahl/Art/Umfang1 diktierter Brief von fremder Hand mit eigenhändigem Absatz und Unterschrift
Bei Teilen der auf d:kult online zugänglich gemachten Objekte handelt es sich um historische Dokumente, die verletzende Sprache, herabwürdigende und diskriminierende Begriffe und Botschaften enthalten können. Die Institutionen des Verbundes tragen die Verantwortung für die auf der Sammlungsplattform d:kult online gezeigten Inhalte und sind bemüht um einen sensiblen Umgang mit den online präsentierten Inhalten. Ich stimme zu