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Brief von Elisabeth Gnauck-Kühne an Maximilian Harden, 1910, 1. Seite
Archivalie
Brief von Elisabeth Gnauck-Kühne an Maximilian Harden, 1910, 1. Seite
Brief von Elisabeth Gnauck-Kühne an Maximilian Harden, 1910, 1. Seite

Archivalie

Absender*in (1850 - 1917)
Empfänger*in (DE, 1861 - 1927)
Datierung1910
BeschreibungTranskription:

Blbg H. Juli 28. 10
Lieber Herr Harden,
nein, ich habe
das garnicht vergessen!!
Oder glauben Sie, ich könnte
überhaupt vergessen, welche
Teilnahme Sie mir geschenkt
haben, könnte vergessen,
daß Sie der Erste u Einzige
gewesen sind, der unbedingt
an meine dichterische
Natur als die ursprüngliche

geglaubt hat?
Sind Sie nicht der Erste
gewesen, der meine
Tochter Christine in den
Armen gehalten hat?
Von Capri ab schickte
ich Ihnen das Mspt zu.
Und die Märchen! Ja-
ja, Sie sind der Vater dazu.
Wenn ich schrieb, das interessiert
Sie nicht, so wars aus
einem Gefühl heraus,

daß Sie so Großes u Schweres
seitdem erlebt haben,
daß bei Ihnen das Vergessen
wohl erklärlich wäre.
Bei mir nicht. ----------
Ich bin gespannt,
wie die Aufführung abläuft.
Zwei Stoffe warten auf
Gestaltung. Ich bin nur leider
gesundheitlich übel dran.
Daß Sie nervös erschüttert
sind, ist ja wahrlich kein
Wunder. Wenn Sie sich
nur einmal Ruhe

gönnten - dann würden
Sie bald obenauf sein, Sie
sind jung.
Auf Ihr Buch bin ich gespannt,
Stöcker habe ich gekannt,
werde Ihnen schr[ei]b[en], was ich zu
Ihrem Porträt sage.
Denken Sie, Märchenvater,
die Vereinigung für das Berlin-Bran-
denburger Krüppelheim hat mit
m. Märchen Das Geranium (Ein
Weg in den Himmel) bare 10 000 M
Reingewinn erzielt; 30 000 Ex. allein
in Berlin vor Weihn[achten] abgesetzt. Ist das
nicht prächtig? Ich hatte es - auf Wunsch -
zur Verfügung gestellt. Die Gold. Früchte figurieren
auch in Brüssel in der amtlichen Ausstellung für
Unterrichtswesen. Macht Ihnen das nicht

Spaß, oder sind Sie ein
Raben-Kuckucks-Vater, der
seine Sprößlinge verleugnet?
Zum Zeitvertreib hab ich Ihnen
neulich ein Kometenmärchen
geschickt.
Vielen Dank auf den
Hinweis betreff. Verleger
für Christine. Auch für die
Goldenen Früchte muß ich
einen Verleger suchen, da
[Otto von] Halems Verlag eingeht
u nur noch 80 Exemplare

da sind von den 10 000.
Was ists für 'ne sonderbare
Sache mit Verlag u Buch!
Aber so wars wohl immer -
"habent sua fata libelli".
Denken Sie, als die Mädchen-
schulreform das neue
Lehrbuch der Volkswirtschaft u
Bürgerkunde brachte, war
der Moment gekommen,
das Fazit m. wissenschaftlichen
Arbeitens zu ziehen, als

Pädagogin u als Volkswirt-
schaftlerin, als Schmoller-
schülerin. Und ich thats in einem
Leitfädchen von 139 Seiten. Das
Eigene dran ist die ganz
historische (statt der systematischen)
Fassung u die Synthese von
Volkswirtschaft und Bürgerkunde.
Und nun das Schicksal dieses
Bändchens: In 8 Tagen die erste
Aufl. vergriffen, nach Jahresfrist
die 6.-8. gedruckt u jetzt nahezu
vergriffen - aber nur nicht
von der Seite, wofür es

geschrieben!! -
Und nun adë, und
alles Gute!
E. Gnauck-Kühne

KlassifikationArchivalie
Anzahl/Art/Umfang1 eigenhändiger Brief mit Unterschrift
ObjektnummerHHI.2016.G.1001.276