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Bild nicht vorhanden für Walter Bockmayer (Regie), SALZSTANGENGEFLÜSTER, 1975

SALZSTANGENGEFLÜSTER

Sonstiger TitelSalzstangen Geflüster
Sonstiger TitelSalzstangen-Geflüster
Regie (1948 - 2014)
Datierung1975
Beschreibung"Salzstangengeflüster" ist "den deutschen Schlagerstars der 60er Jahre" gewidmet und trägt den Titel mit gleicher Konsequenz, mit der Bunuel den "Diskreten Charme der Bourgeosie" formulierte: Die kleinbürgerlich aufgedonnerte Frau, die bei abendlichen Fernsehfreuden mit den erwachsenen Töchtern Salzstangen und Kirschlikör nicht missen möchte, flüstert nicht, sondern keift in der Regel sehr lautstark. Walter Bockmayer mimt sie selbst, und das Prinzip der Transvestiten-Rollen, ausgespielt mit lärmfreudiger Begeisterung für "Fummel" und grotesk übersteigerte Gesten, macht die detailverliebte Schilderung deutscher Kleinbürgerfreuden der 60er Jahre zur grellen Farce. Getanzte Schlager-Nummern stehen im Mittelpunkt und sehen etwa so aus: Die Kellnerin Dorothea, zum Feierabend mit Gläserspülen beschäftigt, tut ihre Arbeit im Takt zu dem geträllerten Schlager "Ich möcht' so gerne Bobbys Girl sein". Das wirkt komisch, andere Schlager-Tanznummern sind aber auch entlarvend: Zu Catarina Valentes neckisch gesungener Sehnsucht nach dem Trost Casanovas dreht sich ein Plastik- Phallus auf dem Plattenteller - die Schlüpfrigkeit des Lieds wird eindeutig. Südländische Gastarbeiter werden gehaßt und verachtet, gleichzeitig als Verkörperung animalischer Erotik begehrt - auch diesen Mythos spielt Bockmayer breit aus zwischen Gesprächen und Platten-Nummern um die Schlager- und Filmstars der frühen 60er Jahre. Eine Szene auf dem Wochenmarkt von Köln-Nippes, wo das Gekeile der Transvestiten an einem Textilen-Stand den ganzen Markt-Betrieb stocken läßt, Käufer und Kunden sich in dicken Trauben vor der Kamera zusammen- klumpen, erinnert an die vorgeplante Improvisation der Commedia dell'arte. Doch die Figuren agieren drastischer als Pantalone und Colombina, so drastisch (besonders in erotischen Dingen) wie Pantalones spätmittel- alterliche Vorfahren, die "Zanni". Es bleibt immer noch Raum für verspielte Einschübe wie das Düsseldorf-Panorama, eingebaut als Hommage ans Düsseldorfer Publikum, das die "Entenproduktionen" seit einem Jahr mit besonderer Zustimmung goutiert. Daß die Spieler bei besonders keilwütigen Szenen ihr Spiel- vergnügen feixend bekunden, gehört mehr denn je zu den Leitmotiven, die stets den Rollentausch betonen. Doch die erotischen Szenen sind "kultiviert", wenn man sie an der Drastik der Western-Travestie "Gay West" (1974) mißt, wirken bereits wie zugeschnitten auf einbreites Publikum, das nicht ab- gestoßen, sondern mitgerissen werden soll. Ein Mißtrauen gegen schier professionelle Glätte - in den Tanz-Nummern zumal- wäre begründet, wenn Bockmayer sich nicht dennoch allerlei Abweichungen vom vorgenommenen Thema erlaubt hätte; Die renitente Krankenhaus-Patientin etwa, zu Opernklängen von Arzt und Schwestern gejagt, ist eine Slapstick-Einlage, die der Freude am Grotesken mit alter Rücksichtslosigkeit huldigt. "Salzstangengeflüster" weist Bockmayer als einen der phantasievollsten, vitalsten deutschen Filmemacher aus. Peter Steinhart
(Quelle: Filmmuseum Düsseldorf)
KlassifikationTon/bewegtes Bild - Werk
Produktionsland
  • Deutschland
Filmgenre<Spielfilm>
Literatur/QuellenLiterarische Vorlage: Walter Bockmayer
ObjektnummerFM.Film.20942
Abteilung FM Filme