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Brief 5 - vermutlich 4. September 2013 Louise Dumont an Gustav Lindemann, Seite 1
Brief von Louise Dumont an Gustav Lindemann
Brief 5 - vermutlich 4. September 2013 Louise Dumont an Gustav Lindemann, Seite 1
Brief 5 - vermutlich 4. September 2013 Louise Dumont an Gustav Lindemann, Seite 1
Digitalisat: Theatermuseum
ObjektnummerTM_AU.SHD17647-3_29-31

Brief von Louise Dumont an Gustav Lindemann

UntertitelBrief 5
ObjektbezeichnungBrief
Absender*in (DE, 1862 - 1932)
Empfänger*in (DE, 1872 - 1960)
Erwähnt (1892 - 1943)
Erwähnt (1857 - 1924)
Erwähnt (1853 - 1938)
Erwähnt (1846 - 1931)
Erwähnt (1861 - 1934)
Erwähnt (Antwerpen 1863–1957 Zürich)
Erwähnt (1872 - 1909)
Erwähnt (DE, 1859 - 1930)
Erwähnt (1901 - 1934)
Erwähnt (1856 - 1912)
Erwähnt (NOR, 1828 - 1906)
Erwähnt (1842 - 1927)
Erwähnt (1861 - 1933)
Erwähnt (1876 - 1936)
Erwähnt (DE, 1876 - 1949)
Datierungvermutlich 4. September 1904
BeschreibungTranskription:



Louise Dumont
Osterode Kreis Ilefeld
Post: Niedersachsenwerfen

Sonntag

Innigen Willkommensgruß - in unserm Daheim Lieber, wo ich Dich gut eingetroffen hoffe. - Könnte ich doch bei Dir sein, mir thut das Herz so weh. -
Gestern Abend erhielt ich noch Deinen Brief vom Vormittag und ging also nicht in die Nacht ohne directeste Nachricht.
Einen Brief, den man an demselben Tag, | an dem er geschrieben, erhält, hat etwas unendlich Beruhigendes - eine Nacht dazwischen ist immer so eine Sorge: ob die Nachricht noch stimmt - die Kinderangst vor der Nacht, dem Dunkel wird man nie los. Du bist mir immer voraus Lieber in allem Guten - ich hatte Dir auch vorgestern keine Nachricht gesandt, ich hatte den Gruß geschrieben mit den Blumen vom Hügel.
u immer wartete ich auf einen | Brief, den ich dann gleichzeitig noch beantworten wollte, der kam dann erst spät am Abend, da wars zur Post zu spät - [also!] gleich in der Versäumnis - fandest Du die liebere Erklärung und gabst mir telegraphisch ein beruhigendes Wort. -
Du hast also auch die Tage des Alleinseins zu unliebsamen Erledigungen benutzt, ich fühle, daß viel Wehes dabei war - Lieb Du mußt Deinen Bruder {1} aufgeben, wie man Kranke aufgiebt, d.h. helfen so gut es geht, | aber innerlich nichts mehr erwarten nichts erkämpfen wollen
bitte folge mir, ich habe darin so viele Dummheiten gemacht immer fest an das Göttliche im Menschen glaubend - man bezahlt das zu theuer, bes. mit edler Kraft, die zu Besserm da ist. -
Bald, bald sprechen wir über das Alles, heute ist schon der 4te. - - -
Ein trüber Sonntag ist heute wie vor 8 Tagen am Meer, aber wie viel heller war es da in uns - Berlin |
II
wird Dir auch heute sein grauestes Gesicht zeigen, schliess die geliebten Augen, sieh in Dich da begegnet Dir ein Blick mit all der Liebe, die Millionen im Leben vergebens suchen und die für Zeit und Ewigkeit Dich umschliesst
ich fühle Deine Zärtlichkeit jede Secunde und fühle mich gefeit gegen Alles - nur muß ich mir oft sagen: es ist Wirklichkeit Wirklichkeit - nicht Traum, wenn auch gar zu | unwahrscheinlich schön für die reale Wirklichkeit, die ist leider meist hässlich - -
hier ein Knauerbrief {2} dieses Ungeziefer war nicht müßig, giebt uns aber eine feine Waffe in die Hand, bitte sage sofort Haum {3}. Du möchtest zunächst feststellen: wer diese unglaublichen Indiscretionen begangen hätte, er möge dir dabei helfen
- es ist | doch ein Vertrauensmissbrauch, der kaum glaublich scheint, natürlich steckt auch Radke {4} hier [wieder] dahinter, denn wer hat die Pläne sonst gesehen? - er war unser Vertrauensmann - er ist städt. Beamter u. giebt das Resultat von geheimen Verhandlungen, die bis nach unserer Generalversammlung discret behandelt werden sollten einem Interessenten preis - |
ich muss sagen, ich hätte das selbst von ihm nicht erwartet.
Es muss festgestellt werden: wer den Verrath begangen hat, unser Kreis war so klein, daß es nicht schwer sein wird.
Oeder {5} u Schulte {6} , sie waren nicht in Düsseldorf, also bleiben als Möglichkeiten nur: Pfeiffer {7} und Radke! -
Von der Indiscretion abgesehen, enthält die Mittheilung |
III
auch Unwahrheiten - bei dieser Gelegenheit kannst Du auch H. gut betonen, daß Zweck des Preisausschreibens, sowie der Ausschluss van de Velde's {8} doch war: von keinem ein Theater bauen zu lassen, der nicht schon verschiedene Theater erbaut hätte, einen Namen in dieser Hinsicht zu vertreten habe, und wir darauf eingegangen waren, die großen Kosten dafür | übernommen hätten, lehnten wir es ab Experimente mit Leuten wie Knauer {9} zu machen, dessen kaufmännische Begabung und Laufbahn uns keinerlei Garantie böte, wir müssen uns doch an namhafte Künstler halten.
- An dieser Verwicklung ist unser theurer Haum. mitschuldig. - Ich freue mich daß Du dieses Argument gegen ihn in der Hand hast. - Sage ihm ruhig, "Künstler" könnten mit Herrn Knauer überhaupt nicht verhandeln er sei - künstlerisch genommen - kein Fanatiker der Ehrenhaftigkeit!
Aber warum schreibe ich Dir all das scheussliche Zeug. - draussen läuten die Sonntagskirchenglocken u ich möchte mit Dir auf den Kirschenhügel gehen Sonntag in der Natur feiern. - |
Im Wald ist's so schön alle Farben, alle Töne, o Du wir müssen in Zukunft viel, viel in der Natur sein, nimm Du nur die besten Beamten, damit Du frei bist, wir wollen mit der Kraft, die wir uns bei Mutter Erde holen, schon regieren.
Hast Du den "Hart"Artikel {10} im Tag {11} über Frau vom Meer {12} gelesen (heute) das Übersinnliche hat Brahm {13} also wieder verfehlt, ohne das Ibsen {14} nicht zu spielen | ist, nur der Naturalismus kam zu seinem Recht u. die Vorstellung ist wieder am Unbekannten gescheitert - am Meer - hast Du in der Vorstellung gesehen: warum ich das Meer nicht ertrage? - - -
Ich lese eben Ibsenbriefe an Brandes {15}, die den Menschen Ibsen prachtvoll enthüllen, ich schicke sie Dir nächster Tage. - Aber endlich genug | der Klexe - ich rede blos immer weiter, weil - ja weil ich von dem Papier nicht los kann, das Du - - -
- Du weisst ja alles
nun aber mit aller Energie adieu und im Geist Küsse - Küsse bis ich Dich wieder halten darf.

Deine Lou

Bonns {16} Anschuldigung halte ich für eine Finte -
Gersdorff {17} der sehr kluge Briefe schreibt und um jeden Preis bei Bonn herein möchte, hat das Herz dieses Idealisten getroffen u. als [Neffe] der ersten Hofdame der Kaiserin die Stelle getroffen, wo B.sterblich | ist - Von einem "Bonn Programm" hat doch Eulenberg {18} nie gesprochen - weisst Du etwas davon? - das ist Vorwand, - in 6 Wochen wird die Herrlichkeit erledigt sein, denn nun muß man ja auch Gage zahlen!
Eulenb. soll sich ja nicht ins Unrecht bringen! -
Schreibe ihm. Bitte gieb mir Eulenb. Adresse u. sende mir die Briefe aus Göttingen zurück, ich muß doch antworten. L.

Anmerkungen
1. nicht ermittelt.
2. Boswau und Knauer, Architektur- und Baufirma, später beauftragt mit dem Bau des Schauspielhauses Düsseldorf.
3. Friedrich Haumann (1857-1924), ehemaliger Bürgermeister von Oberhausen und Solingen, seit 1896 Leiter der Rheinischen Bahngesellschaft in Düsseldorf, Vorsitzender der Düsseldorfer Schauspielhaus GmbH.
4. Johannes Radke (1853-1938), Baurat in Düsseldorf.
5. Georg Oeder (1846-1931), Düsseldorfer Maler, Mitglied im Aufsichtsrat der Düsseldorfer Schauspielhaus GmbH.
6. nicht ermittelt, Mitglied im Aufsichtsrat der Düsseldorfer Schauspielhaus GmbH.
7. Wilhelm Pfeiffer jun. (1861-1934), Stadtabgeordneter in Düsseldorf und gemeinsam mit Max Trinkaus Leitung der Düsseldorfer Trinkausbank.
8. Henri van de Velde (1863-1957), Architekt, Gründer der Weimarer Kunstgewerbeschule, entwarf u.a. das Nietzsche-Archiv in Weimar, sollte den Bau des von Dumont und Lindemann in Weimar geplanten Theaters übernehmen.
9. Johann Knauer (1872-1909), Architekt, Mitinhaber der Bau- und Architekturfirma Boswau und Knauer.
10. Julius Hart (1859-1930), Schriftsteller und Theaterkritiker, gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich (1855-1906) schrieb er seit 1901 Theaterkritiken für die Berliner Tageszeitung "Der Tag".
11. Der Tag, gegründet 1901, Berliner Tageszeitung.
12. Die Frau vom Meer: Schauspiel von Henrik Ibsen, UA 12.02.1889 in Weimar. Gemeint ist hier die Inszenierung von Otto Brahm am Lessingtheater vom 1.September 1904, die Julius Hart am 4. September 1904 im "Tag" rezensierte.
13. Otto Brahm (1856-1912), Theaterkritiker und Theaterleiter, ab 1894 Leiter des "Deutschen Theaters", wofür er 1903 auch Louise Dumont verpflichtete, 1904-1912 Leiter des Lessingtheaters.
14. Henrik Ibsen (1828-1906), norwegischer Dramatiker, seine naturalistischen Dramen wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland intensiv rezipiert, so machte sich Dumont vor allem als Ibsen-Darstellerin einen Namen.
15. Georg Brandes (1842-1924), dänischer Philosoph und Literaturkritiker; Henrik Ibsen: Georg Brandes. Gyldendal, Kopenhagen 1902/03.
16. Ferdinand Bonn (1861-1933), Gründer des Ferdinand Bonns Berliner Theater, 1905.
17. Wolfgang Freiherr von Gersdorff (1876-1936), Dramatiker und Theaterhistoriker.
18. Herbert Eulenberg (1876-1949), Schriftsteller und Dramaturg am Schauspielhaus Düsseldorf, mit seinen sogenannten "Morgenfeiern" setzte er einen bedeutenden Akzent in der Entwicklung der Dumont-Lindemann-Bühne.

Quelle: http://www.louise-dumont.de/digitale-edition/ [Stand: Juni 2013]
KlassifikationArchivalie
Anzahl/Art/Umfang16 Seiten (8 Blatt)
KlassifizierungKorrepondenzen
Copyright DigitalisatDigitalisat: Theatermuseum
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