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BEN.B 2010/3 - Carteluhr der Kurfürstin Elisabeth Auguste
Carteluhr der Kurfürstin Elisabeth Auguste
BEN.B 2010/3 - Carteluhr der Kurfürstin Elisabeth Auguste
BEN.B 2010/3 - Carteluhr der Kurfürstin Elisabeth Auguste
Foto: Stefan Ahrendt (LVR - ZMB)

Carteluhr der Kurfürstin Elisabeth Auguste

ObjektbezeichnungCarteluhr
Uhrmacher*in (1718 - 1780)
Entwurf (1711-1789)
Datierungum 1770
Material/TechnikBronze, feuervergoldet
Email
Glas
Maße(H x B x T): 70 × 33 × 15 cm
BeschreibungDer in Frankreich um 1730 aufkommende Typus der Carteluhr verdankt sich den Entwicklungen der spätbarocken Raumdekoration. Uhren besaßen zwar einen großen dekorativen Wert als Einzelkunstwerk, sollten sich jedoch harmonisch in die Innenausstattung einfügen. Nach den auf Kaminen platzierten Pendulen fand die Uhr mit dem Cartel-Typus nun den Weg an die Wand. Dem Namen nach eine »Sockeluhr« (frz. »Pendule en cartel«), ist sie als Wanduhr oft integraler Teil der gesamten Wand- und Innendekoration. Manchmal auf einer eigenen Wandkartusche platziert und farblich den Tapisserien angepasst, bildet sie einen Blickpunkt. Im Idealfall konnte die Ornamentik eines gesamten Raumes in Stuckdecken, Appliken, Tapeten etc. auf die Uhr übertragen werden oder umgekehrt.

Anders als bei den Pendulen der Zeit bildete bei der Carteluhr unübersehbar das Zifferblatt das Zentrum der Uhr. Gelegentlich wurden diese Uhren auch als Paar innerhalb eines Raumes oder einer Raumflucht (Enfilade) einander gegenüber platziert, um eine symmetrische Wirkung zu erzielen. Auch kunstvolle Barometer in ähnlicher Form und Ornamentik kamen als Gegenstück in Frage. Die Blütezeit dieses Uhrentyps stellt die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts dar.

Der 1718 im ostfranzösischen Audeloncourt geborene Edmé-Jean Causard betrieb zusammen mit seinem Bruder Georges in Paris, Rue St. Honoré, Hotel d’Angleterre, eine Werkstatt zur Herstellung von Großuhren. Der Titel als Hoflieferant wurde ihm um 1755 verliehen. Er starb 1780 in Paris. Der längliche, an den Seiten geschwungene Uhrenkorpus, der seitlich zur besseren Durchlässigkeit des Glockenschlages mit floraler Durchbrucharbeit versehen ist, beherbergt in seiner Mitte das große Uhrwerk mit schwach gewölbtem Emaillezifferblatt. Unterhalb des Zifferblattes befindet sich ein querrechteckiges Fenster zur Sichtbarmachung des Pendelschwunges. Seitlich wird das Uhrgehäuse von zwei weiblichen Hermen flankiert, die jeweils den großen Kurhut sowie eine Girlande halten. Diese schwingt an den beiden Zifferblattseiten herab und legt sich am unteren Teil des Gehäuses über zwei dort platzierte geflügelte Putten, die in ihren Händen das ovale Monogrammfeld mit den Initialen EA präsentieren. Dieses, in ähnlicher Type in der Supraporte des Benrather Kuppelsaales vorhandene Monogramm, kennzeichnet die Uhr als Besitz von Kurfürstin Elisabeth Auguste von der Pfalz (1721 – 1794), seit 1741 Gemahlin von Kurfürst Carl Theodor. Nachdem dieser 1777 die bayerische Thronfolge angetreten und seine Residenz nach München verlegt hatte, zog sich Elisabeth Auguste nach Schloss Oggersheim zurück, das ihr Carl Theodor 1768 zum Geschenk gemacht hatte. Im Inventar des Oggersheimer Schlosses ist eine Carteluhr aus vergoldeter Bronze von Causard für das Schlafzimmer Carl Theodors verzeichnet.

Das große, rechteckige Uhrwerk aus Messing und Stahl wird mit einem Schlüssel von der Zifferblattseite aus aufgezogen und hat eine Gangdauer von mehr als 14 Tagen. Die akustische Angabe von halb- und Stundenschlägen
erfolgt auf einer Bronzeglocke, die über dem Uhrwerk montiert ist. Ein großes Rad auf der Rückseite des Uhrwerkes, die sogenannte Schlussscheibe, bewirkt die korrekte Angabe der Stundenschläge durch unterschiedlich lange Einschnitte, die das Schlagwerk nach Angabe der korrekten Schlagzahl wieder blockieren. Als Gangregler hinter dem kleinen Fenster sichtbar schwingend, dient ein kleines Pendel aus Stahl mit einer polierten Messinglinse. Das Pendel ist an einem Seidenfaden aufgehängt. Mit Hilfe eines kleinen Schlüssels wird von der Vorderseite des Zifferblattes aus die Ganggenauigkeit reguliert. Die Hemmung übernahm eine damals noch verbreitete, aber veraltete Spindelhemmung.

Durch die äußerst feine Ausgestaltung der Bestandteile im Uhrwerk und am Pendel ist das Tickgeräusch der Uhr – anders als bei den anderen Uhren dieser Gattung im 18. Jahrhundert – im Raum kaum zu vernehmen. Die für die Antriebskraft der Uhr zuständigen originalen Zugfedern aus Stahl sind mit RICHARD mars 1770 signiert, dem Herstellungsmonat und -jahr der Uhr. Claude Richard war ein bekannter Hersteller von Zugfedern, tätig von 1754 – 1772.

Bearbeiter: Christian Schnurbus
KlassifikationAngewandte Kunst / Kunstgewerbe - Technisches Kulturgut
Herstellungsort
  • France
© UrheberCC BY-SA Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International
CopyrightFoto: Stefan Ahrendt (LVR - ZMB)
Literatur/QuellenTardy – Dictionnaire des horlogers français. Documentation réunie par Tardy. Avec l’apport des travaux de Paul Brateau et de Robert Ardignac, Bd. 2, Paris 1972, S. 116;
Ottomeyer, Hans; Pröschel, Peter: Vergoldete Bronzen. Die Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassizismus, Bd. 1, München 1986, S. 166, S. 182-185;
Augarde, Jean- Dominique: Les ouvriers du temps. La pendule à Paris de Louis XIV à Napoléon Ier /Ornamental clocks and clockmakers in eighteenth century Paris,Genf 1996;
Techen, Beatrice: Uhren aus den württembergischen Schlössern in Stuttgart und Ludwigsburg, hrsg. v. d. Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg in Zsarb. m. d. Staatsanzeiger-Verl. Stuttgart, Weinheim 2001, S. 38 f., S. 42 f.
PublikationenKurfürstliche Zeitmesser. Uhren aus der Sammlung von Schloss BEnrath, herausgegeben von Stefan Schweizer, mit Texten von Christian Schnurbus, Düsseldorf 2020, S. 90 f.
ObjektnummerBEN.B 2010/3
Eigentümer/DanksagungErworben mit Mitteln der "Stiftung Roland Weber für Schloss Benrath".
Nordgiebel des Benrather Schlosses mit Uhrengruppe
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um 1770
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