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Brief von Else Lasker-Schüler an eine unbekannte Frau, 1. Seite
Korrespondenz von Else Lasker-Schüler
Brief von Else Lasker-Schüler an eine unbekannte Frau, 1. Seite
Brief von Else Lasker-Schüler an eine unbekannte Frau, 1. Seite

Korrespondenz von Else Lasker-Schüler

Absender*in (1869 - 1945)
Empfänger*in
Datierung1915
BeschreibungTranskription:

11. Juni 15. Berlin W. Kleiststr. 22 (Pension Bayreuth)
Sehr verehrte gnädige Frau.
Ich war sehr erschrocken, als ich vor einigen Tagen vom Tode Ihres Sohnes hörte. Im Café d.W. ist überall unter seinen Freunden und jungen Doktoren große Trauer. Sie hatten ihn alle sehr lieb. Ich sage Ihnen kein Wort des Trostes aus Pietät. Wie könnte ein Mensch wagen wollen eine Mutter zu trösten, nur die Zeit mag das versuchen. Die vielen, armen, jungen Menschen, die fallen; ein guter Freund von mir, ein großer Dichter hat sich vergiftet im Krieg. Aber eins kann ich Ihnen sagen, in der Tollkühnheit des Kampfes denkt der Soldat nicht an den Tod, der kommt überraschend und schmerzt nicht wie im Frieden den Erkrankten.
Der schönen, lieben Schwester meinen allerherzlichsten Gruß und Ihnen besonders warme, liebe gnädige Frau. Ihr Sohn hat Sie so lieb gehabt und sprach mit großer Liebe von Ihnen, immer von Ihnen; und wie gut Sie ihn verstanden und er Ihnen auch literarisch Freude machen wolle. Er war sehr fleißig und in letzter Zeit auch fröhlicher. Frau Dr. Caro weiß noch nichts vom Tode Ihres Sohnes; er war in letzter Zeit viel dort; Frau Dr. ist sehr nervös und man kann es ihr nur sehr langsambeibringen. Ich glaube SIe wird Ihnen dann sofort schreiben, da sie Ihren Sohn sehr gern hatte, direkt mit ihm mütterlich befreundet war. Ich grüße Sie hochachtend und sende Ihnen warme, warme Grüße, liebe gnädige Frau, auch der schönen lieben Schwester.
Ihre Else Lasker-Schüler


KlassifikationArchivalie
Anzahl/Art/Umfang1 eigenhändiger Brief mit Unterschrift
ObjektnummerHHI.2016.G.1001.485