ObjektnummerP 2005-1168
Stehender Shiva auf flacher Sockelplatte
ObjektbezeichnungSkulptur
Datierung13. Jahrhundert
Material/TechnikBronze mit graugrüner Patina
MaßeH 16,2, B 5,6, T 4,8 cm
BeschreibungDie rechte Hand hält einen Stab mit Dreizack, die linke eine Gebetsschnur.Shiva ist durch typische Attribute vermittelt: Dreizack (Trisula), Zeichen für die Überwindung eigenen Egos, drittes Stirn-Auge, Ausdruck des Wissens und der Weisheit, zudem Hinweis auf eine göttliche Gestalt, und die rautenförmige Haarkrone, die innerhalb der Khmer-Kultur auch bei Bodhisattwa-Darstellungen, etwa für Lokeshvara, verwandt wurde.
Es ist eine Shiva-Darstellung, wie sie in der raumgreifenden Komplexität hier vorhandener Formulierung des Wickelrocks wie auch durch die grazile Ausbildung des Dreizacks eher einer Bronze-Abbildung als einer Sandstein-Gestaltung vorbehalten bleibt. Sie erscheint so, als wäre sie im kurzen Einhalten eines Bewegungsmoments für den Betrachter fixiert.
Dies referiert den besonderen Realismus des Bayon-Stils, denn er suchte eine Wirklichkeitsbindung innerhalb der Sakraldarstellung. Dabei erfüllte er wohl Forderungen des Publikums, das kultische Handlungen und ihre Darstellung der eigenen Wahrnehmungssphäre offensichtlich anzugleichen suchte, wie es in einem gleichsam gesteigerten Realismus des Bayon-Tempels mit Abbildungen auf seinen Gesichter-Türmen ebenfalls zu erleben ist.
Die bedeutendsten Sakralwerke der Khmer sind ihre Tempelberge. Daher werden die Perioden ihrer Kunst auch nach wichtigen Tempeln benannt. Die berühmtesten sind jene von Angkor Wat.
Der höfische Charakter der Khmer-Kunst unterscheidet sich von dem anderer Kulturleistungen Asiens. Denn die Khmer-Kunst war ein religiös unterfüttertes Regierungsprogramm und eine Kulturvorstellung, welche Tempelbauten wie skulpturale Werke auch mit dem Khmer-Gottkönigtum verbanden. So können ihre hinduistischen Werke Sinnbilder von Herrschern darstellen. Unter Jayavarman VII. (1181 bis nach 1206 o.1220?) nahmen sie die Anmutung eines buddhistischen Heiligen an. Den Khmer-Königen wurden zudem Sakralstätten für die Verehrung nach ihrem Tode gebaut. Mit Ausnahme der Buddha-Darstellung sind ihre Kultbilder meist stehend, in starrem Gestus und mit nacktem Oberkörper vermittelt. Diese schematisierte Unbeweglichkeit wird besonders durch eine auf konsequente Vorderansicht ausgerichtete Darstellung angestoßen. Die Skulpturen waren farbig gefasst, oft auch vergoldet und hatten daher eine andere Vermittlung als heutzutage. Betonte Lippen bilden das berühmte Lächeln Angkors.
Der Hinduismus blieb im Wesentlichen auf Indien beschränkt. Allein auf Südostasien, die Kunst der Khmer und auf den indonesischen Inselarchipel, dort im Besonderen nach Bali und nach Ostjava, strahlte er aus. Mit dem hinduistischen Glauben und seiner Praxis ist durchaus auch Genuss in der Lebensgestaltung verbunden, gepaart mit grundsätzlicher, freilich nicht immer angewandter Toleranz gegenüber anderen Glaubensvorstellungen.
Auch den Hinduismus prägt - wie den Buddhismus oder den Jainismus - der Glaube an die Lehre des Karmas, nämlich das von ihm vertretene Prinzip von Ursache und Wirkung. Zudem vereinen die gennanten Religionen das Wissen um eine Wiedergeburt sowie der Glaube an die Möglichkeit, aus ihrem Kreislauf durch Erlösung auszutreten und den Zustand des Nirwanas zu erreichen.
Das heißt, diese drei Religionen - Buddhismus, Hinduismus und Jainismus - haben neben dem schon angesprochenen Ziel der Erlösung und der erwünschten Erleuchtung, den von ihnen allen ebenso gewünschten Verzicht auf eine Wiedergeburt gemeinsam.
Und dies ganz im Gegensatz etwa zum Christentum. Denn dessen Leistung ist ja geradezu durch das Versprechen und die Hoffnung auf ein neues Leben geprägt. Seine Heilsbotschaft hält damit ein Angebot bereit, die des Menschen immanente Angst vor dem Tode zu überwinden, zumindest diese zu lindern.
Die ersten überkommenen Aufzeichnungen des Hinduismus, die Veden, Sanskrit, Wissen, Rigveda, Samaveda, Yajurveda sowie Atharveda aus der sogenannten frühvedischen Zeit, etwa ab 1500 v. Chr. sind die Grundlage indischer Philosophie überhaupt. Aus dieser Gedankenwelt entwickelte sich wohl im 5. Jh. v. Chr. der in der heutigen Form gelebte Hinduismus. Das erste Jahrtausend v. Chr. ist auch jener Zeitraum, in dem weitere seiner wichtigen Abfassungen, die Puranas und die Upanishaden, entstanden.
Die Blütezeit des Hinduismus wird ab Ende des 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung angesetzt und im indischen Mutterland durch das Fortschreiten des Islam teilweise wieder zurückgedrängt. Der Hinduismus unterscheidet in seinen schriftlichen Quellen zwischen offenbarten Texten, Shruti, Sanskrit, das Gehörte sowie den nicht offenbarten Smriti. Zu den namentlich geläufigeren gehört die Bhagavad-Gita, spirituelles Lehrgedicht aus 700 Versen in 18 Kapiteln.
Zu den Eigenarten des Hinduismus gehört auch eine übliche intensive Bindung an einen geistlichen Lehrer beziehungsweise Guru. Zu den Hauptgöttern seines überaus vielgestaltigen Pantheons gehören Brahma, Shiva und Vishnu.
Ist in Indien oder anderen Ortes der hinduistische Tempel ein beredtes Zeugnis des unabdingbar verknüpften und einander bedingenden Zusammenspiels architektonisch-skulpturaler Inszenierung, in dem die Welt der Götter der Sphäre des Menschen begegnet, sie heiligt und tausende Figuren in unzähligen Bändern innerhalb eines skulpturalen wie architektonischen Gesamtplans neben und übereinander platziert, dabei optisch wie faktisch miteinander verbunden sind, ist die hinduistische Figur der Khmer-Kultur eher ein als Einzelgestalt angelegtes Ereignis, welches im Zusammenhang eines Altars oft in Dreierkombination erscheint.
W. Alberg
Klassifikation3D Kunst - Skulptur
Entstehungsort
Copyright DigitalisatKunstpalast, Düsseldorf, Foto: LVR-Zentrum für Medien und Bildung, Stefan Arendt, 2011
AusstellungsgeschichteDüsseldorf 2006
Mythos, Erleuchtung, Ebenbild. Skulpturen des Buddhismus und Hinduismus - Sammlung Werdelmann, Tonhalle, Grünes Gewölbe, Ehrenhof 1, Düsseldorf
Mythos, Erleuchtung, Ebenbild. Skulpturen des Buddhismus und Hinduismus - Sammlung Werdelmann, Tonhalle, Grünes Gewölbe, Ehrenhof 1, Düsseldorf
In Sammlung(en)
Institution
Kunstpalast
ProvenienzSchenkung von Prof. Dr. Dr. h. c. Bruno Werdelmann, Ratingen, 25.10.2004
12. Jahrhundert oder später
11. Jahrhundert
11. Jahrhundert
Wohl 11. Jahrhundert
11. Jahrhundert
11. Jahrhundert
ca. 13. Jahrhundert
Ende 12. bis zu Anfang 13. Jahrhundert
10. Jahrhundert
13. Jahrhundert
12./14. Jahrhundert
11./13. Jahrhundert