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Brief von Fanny Lewald-Stahr, 1877, 1.Seite
Korrespondenz von Fanny Lewald an Eduard von Hallberger
Brief von Fanny Lewald-Stahr, 1877, 1.Seite
Brief von Fanny Lewald-Stahr, 1877, 1.Seite
Object numberHHI.2016.G.1001.22

Korrespondenz von Fanny Lewald an Eduard von Hallberger

Absender*in (1811 - 1889)
Empfänger*in (1822 - 1880)
Date1877
DescriptionTranskription

[Briefumschlag:] Bern 28.VIII.77
Herrn Eduard v. Hallberger - *****
persönlich
Stuttgart
Absender:
Frau Fanny Lewald Stahr
Bern d. 28.8.77 -
Hôtel Bellevue

Verehrter Herr u Freund!
Es ist in der Angelegenheit eines
Freundes, des Major Fritz von
Bülow, das ich heute an Sie schreibe,
weil er - was er im höchsten Grade
verdient - Ihnen zu möglicher Verwendung
empfohlen zu werden
wünscht.
Er war bis 1870 - zum Ende des
Krieges - im Dienst, in preußischem Dienst
Major in den Uhlanen, die damals in
Flensburg standen. Wurde durch
den Typhus, den er vor Metz bekam,
für immer dienstunfähig, da er das
Reiten u.s.w. nicht mehr ertrug - ließ
sich als Major pensioniren, da er es
bei seiner Schlichtheit verschmähte, den
höheren Titel zu begehren - u lebte
von seiner Pension u einem schicklichen
Vermögen, in edelster geisti-

ger Muße, verheirathet mit einer sehr
geschickten Blumenmalerin, in Freiburg
im Breisgau. Die finanzielle Krise
zog ihn mit herab, da Freunde sein
Vermögen, wie ich glaube, schlecht placirt
hatten - u er muß Geld verdienen,
um leben zu können, da seine Pension
dafür nicht ausreicht. Er hat sich, wie
er mir schreibt, vor einiger Zeit
an Sie gewendet, u bittet mich Ihnen
zu sagen, daß er -ein tüchtiger Arbeiter
u ein unterrichteter Mann
sei.- Dies thue ich aus vollster
Ueberzeugung. Stahr u ich kennen ihn
seit fünf Jahren u schätzen ihn Beide
sehr. Können Sie ihm eine Anstellung
geben, so thun Sie es - er ist eine
sehr edle u wackere Mannesnatur -
u an solchen hat man ja immer nicht
genug.
Hackländers Tod hat mir sehr leid
gethan - u wird Sie sehr schwer getroffen
haben. Ich habe viel an Sie
gedacht. Je mehr man selbst verloren
hat, um so mitfühlender wird man,
nach meiner Erfahrung, für die Andern

Nach Ihrer Staremberger Gegend bin
ich nicht gekommen, sonst hätte ich mich, da
Sie mir es erlaubt hatten, bei Ihnen
angemeldet. Ich war 6 Wochen in
der Gegend von Dresden, 6 Wochen
in Ragaz - dann auf dem Uetliberg -
8 Tage in Zürich krank - u nun bin ich
auf dem Wege nach dem Genfersee,
wo ich zunächst 8-10 Tage in Glion sur
Montreux Hôtel Rigi Vaudois zu
bleiben denke. Ich war dort vor
10 Jahren, 9 Monate mit meinem Mann,
u wo ich mit ihm gewesen bin, habe
ich doch immer eine Art von Heimathgefühl.
- Im Herbst - in der zweiten
Hälfte des Oktober, - denke ich in unserm
alten Heime in Berlin zu sein, wo
ich mich freuen würde, Sie wieder
einmal zu begrüßen. Wir haben
uns lange nicht gesehen.
Für den "Schiffbruch" den ich Ihrer
Güte verdanke, Dank! - Sie wissen,
wie sehr ich Lindau's Können, seine
Kraft u sein Maaß im Styl hoch halte,
ja bewundere. Aber ich gestehe Ihnen
trotz dem, daß diese Reihenfolge von
lauter tragischer, ja entsetzlicher

Motionen, als Gesamtheit mir keinen
so wohlthuenden Eindruck als sein
Ashton u andere Arbeiten machen. Es
ist nicht erfreulich, wenn nicht ein
Sonnenstrahl durch eine Reihe von
Erzählungen leuchtet; u der Verfasser
thut Einem leid dabei. Er muß so
traurig sein, denke ich! - Ich wollte
ihm das sagen, wage es aber nicht, da
ich ihn wenig kenne.
Ich habe nun, nach langer, langer
Pause, auch wieder eine ganz kleine
Erzählung angefangen, die ich in Glion
fertig machen möchte. Wird daraus
Etwas, so will ich es Ihnen schreiben
u sie Ihnen unter den Bedingungen
geben, die mir Westermann u. A.
zugestehen - Noch ist's aber erst im
Entstehen, also haben wir Zeit später
davon zu reden. Mein heutiger
Brief sollte Ihnen nur, Herrn von
Bülow dringendst empfehlen, u
Ihnen alles mögliche Gute wünschen.
Freundlich ergeben
Fanny Lewald Stahr
ClassificationsArchivalie - Korrespondenz
Curatorial Remarks1 eigenhändiger Brief mit Unterschrift und Briefumschläge
AbsendeortBern
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