Objekte von: Federico Fellini
Federico Fellini begann bereits während seiner Schulzeit zu zeichnen (Karikaturen und Comistrips), die zunächst in der italienischen Provinz, später auch in größeren Zeitungen abgedruckt wurden. Er nahm ein Studium an der Universität auf, arbeitete bei der Tageszeitung Il Piccolo und bei der satirischen Wochenzeitschrift Marc'Aurelio. Neben seiner Zeitungsarbeit war er auch an Arbeiten zu Entwürfen für diverse Musicals und Revuen beteiligt, obwohl er nur geringes Interesse am Theater verspürte. Fellini schrieb auch Beiträge für den Radiosender Radiocorriere sowie kurze Hörspiele, die oft traumähnliche Sequenzen enthielten, wie es sie dann später in einigen seiner Filme gab.
Beim Radio lernte er die Schauspielerin und Sprecherin Giulietta Masina kennen, die er 1943 heiratete und mit der er bis zu seinem Tode verheiratet blieb.
Noch als Journalist und Radiodramaturg arbeitet Fellini an verschiedenen Drehbüchern mit. Immer intensiver widmet er sich der Mitarbeit an Drehbüchern. Er lernt den Autor und Regisseur Roberto Rossellini kennen, mit dem er für Roma città aperta ¿ Rom, offene Stadt 1946 die erste seiner vielen Nominierungen für den Oscar erhielt. Er etablierte sich als Drehbuchautor und gab ein Jahr später seine journalistische Karriere und seine Tätigkeit als Radiodramaturg vollständig auf. 1950 war Fellini bereits zehn Jahre Drehbuchautor und Regieassistent und hatte in dieser Zeit an 19 Drehbüchern (hauptsächlich für Filme des Neorealismus) mitgewirkt. Und er hatte Kontakte geknüpft und sich angefreundet mit Leuten wie Pinelli (Autor), Laurentiis (Produzent), Coletti (Regisseur), Lattuada (Regisseur) und anderen bedeutenden Schauspielern und Regisseuren, die ihn später bei seinen eigenen Filmen unterstützen sollten.
Sein Debüt als Regisseur hatte Fellini 1950 mit Luci del varietà ¿ Lichter des Varieté. Bei Lichter des Varieté erhielt der 30-jährige Fellini Unterstützung von Alberto Lattuada, der mit ihm zusammen für die Inszenierung sorgte und für die Produktion als Garant diente. Nach dem Misserfolg dieses Filmesreagierten die beiden Freunde unterschiedlich: Lattuadas nächster Film Anna spielte eine Milliarde Lire ein und wurde so zum bis dahin größten internationalen Erfolg des italienischen Kinos. Fellini dagegen setzte seinen eingeschlagenen Weg fort und widmete sich den Vorbereitungen für seinen nächsten Film.
Bei der Komödie Die bittere Liebe, deren Ursprungsidee (Flitterwochen in Rom) zwar von Michelangelo Antonioni stammte, die aber von Tullio Pinelli, Ennio Flaiano und Federico Fellini geschrieben wurde, hatte Fellini zum ersten Mal die alleinige Verantwortung für das Team bzw. die Regie. Der Film, der 1952 in den Kinos anlief, erntete erneut überwiegend negative Kritiken.
Mit I Vitelloni ¿ Die Müßiggänger, einem Film über fünf junge Leute, die mit Nichtstun in einer kleinen Provinzstadt die Zeit totschlagen, setzte er sein filmisches Schaffen im Dezember 1952 fort. Als der Film ein halbes Jahr später auf den Filmfestspielen von Venedig lief, zeichnete sich für den Regisseur Fellini endlich ein Erfolg ab. Kritiker und Publikum waren sich einig, dass hier ein neuer Regisseur den Durchbruch geschafft hatte. Im selben Jahr erschien außerdem noch der Episodenfilm L'Amore in città ¿ Liebe in der Stadt, bei dem Fellini neben Michelangelo Antonioni, Alberto Lattuada, Carlo Lizzani, Francesco Maselli, Dino Risi und Cesare Zavattini eine Episode schrieb und inszenierte. Der große Erfolg blieb zwar aus, jedoch wird der Film von einigen Filmwissenschaftlern insgesamt als bemerkenswert bezeichnet.
Fellinis folgender Film La Strada ¿ Das Lied der Straße (1953¿1954), eine Art filmisches Märchen, das von einem Mädchen handelt, das von seiner Familie an einen Jahrmarktsartisten verkauft wird (mit dem grandiosen Anthony Quinn und Fellinis Ehefrau Giulietta Masina in den Hauptrollen), bescherte dem jungen Regisseur nationale und internationale Nominierungen und Auszeichnungen. Aber bei seiner Premiere an den Filmfestspielen von Venedig im September 1954 spaltete der Film die Welt der italienischen Autorenfilmer in zwei Lager. Auslöser waren Gerüchte über einen Boykott von Viscontis Senso.
1955 erschien Fellinis sechster Film Il Bidone ¿ Fellinis Gauner. Die Geschichte dreht sich um ein paar Schwindler, die als geistliche Würdenträger getarnt den einfachen Leuten das Geld aus der Tasche ziehen. Bei Drehschluss waren es gerade noch 40 Tage bis zur Präsentation in Venedig, so wurde der Film von zwei Cuttern gleichzeitig geschnitten. Bei den Festspielen wurde der Film dann von der Jury nicht einmal erwähnt, und bei seiner Vorführung begann sich der Saal nach der Hälfte des Films zu leeren.
Nach diesem Misserfolg vergingen fast zwei Jahre, bis Fellini seinen nächsten Film finanzieren konnte. Le Notti di Cabiria ¿ Die Nächte der Cabiria handelt von der Suche einer Prostituierten nach Liebe ¿ potentielle Geldgeber fürchteten Kritik seitens der katholischen Kirche. Auf der Suche nach einem Produzenten lernte Fellini den damals noch jungen Schriftsteller Pier Paolo Pasolini kennen. Pasolini übersetzte die Dialoge im Drehbuch in moderne römische Mundart. Nachdem Fellini von verschiedenen Privatleuten den größten Teil des Budgets zusammenhatte, fand er auch endlich einen Produzenten. Die Premiere fand 1957 in Cannes statt, und Die Nächte der Cabiria behauptete sich gegen starke Konkurrenz, z. B. gegen Das siebente Siegel von Ingmar Bergman oder gegen Ein zum Tode Verurteilter ist entflohen von Robert Bresson, und erhielt den Preis für die beste Darstellerin (Ehefrau Giulietta Masina) mit dem offiziellen Hinweis, dass Fellini für die Schöpfung dieser Figur von der Jury geehrt wurde. Noch im selben Jahr wollte Fellini einen neuen Film, namens Reise mit Anita drehen. Doch als seine Wunschschauspielerin Sophia Loren nicht mehr verfügbar war und er den Film nicht mit einer anderen Schauspielerin drehen wollte, wurde das Projekt zurückgestellt, welches aber im Jahre 1978 von Mario Monicelli realisiert wurde. Dieser Film war einer der am meisten geliebtesten von Fellini, da die Geschichte ein privates Ereignis enthält, nämlich seine Reise zu seinem sterbenden Vater in Rimini, im Mai 1956.
Fellinis Film über das Nachtleben in Rom und den Wettkampf der Paparazzi um die skandalösesten Fotos hieß La dolce Vita ¿ Das süße Leben. Der Film wurde 1960 erst in Rom, dann in Mailand aufgeführt. Es hagelte negative Kritiken von den traditionellen Medien, die linke Presse verteidigte Fellini aber.
1960/1961 gründete Fellini mit Rizzoli die Produktionsfirma Federiz. Sie wollten zum einen mit den Vorbereitungen zu Fellinis nächstem Film beginnen, aber auch Filme junger Regisseure produzieren. Die Federiz produzierte bis 1966 neun Filme, darunter Verwirrungen des Sommers von Luigi Zampa, Jungfrau reich garniert von Jean Léon, Augenblick der Wahrheit von Francesco Rosi und Die Rote Wüste von Michelangelo Antonioni. Seine beiden eigenen nachfolgenden Filme (Boccaccio '70 und 8¿) machte Fellini zum Ärgernis seines Partners Rizzoli allerdings noch für andere Produktionsfirmen; erst Giulietta degli spiriti wurde 1965 von der Federiz produziert.
1962 erschien von dem nun zweiundvierzigjährigen Regisseur ein Film gegen die Zensur und die Medienwelt, Boccaccio '70; die Kritiken waren zurückhaltend. In den USA wurde Boccaccio '70 von der Catholic Legion of Decency geächtet.
Fellinis 8¿ enthält in hohem Maße Autobiographisches. Der Film ist als Bericht über Fellinis Leben und seine Probleme bis zu jenem Punkt glaubwürdig, an dem er ins Phantastische übergeht. Der fast surreale Film kann durchaus als eine Art Experiment des Autors am eigenen Leib verstanden werden. 8¿ vermeidet die Schwere der Tragödie und stellt für viele Fellinis Meisterwerk dar. Die Dreharbeiten begannen 1962 und dauerten über fünf Monate. 1963 wurde der Film in Italien gestartet und von der Kritik mit noch mehr Jubel aufgenommen als La dolce vita. In der Weltpresse tauchten schnell Wörter auf wie Magier, Genie, meisterhafter Stil u. ä. Der Film wird als richtungsweisend für den Experimentalismus angesehen ¿ jenseits von Avantgarde und Konvention. 8¿ erhielt mehr als 16 Auszeichnungen sowie weitere Nominierungen.
Giulietta degli spiriti ¿ Julia und die Geister war Fellinis erster Film seit Die bittere Liebe, der ohne Umwege über ein Festival in die Kinos kam. Weltweit provozierte dieser Film über eine vereinsamte Frau, die von ihrem Mann betrogen wird, eine gewisse Enttäuschung; er wurde als unverständlich, unkontrolliert und kalt bezeichnet.
Der Produzent und Studioboss Dino De Laurentiis, der Kolossalfilme (z. B.: Die Bibel, Ein Mann sieht Rot, Dune) produzierte, machte sich nun Fellinis Isolierung zunutze und wollte sein mächtiges Schaffen mit einem neuen Fellini schmücken. Dieser unterschrieb einen Vertrag bei Laurentiis und galt seitdem als der bestbezahlte Regisseur Italiens. Fellini lieferte ihm immer neue Konzepte und Exposés, doch Laurentiis war selten einverstanden. Als sie sich schließlich einigen konnten, begannen die Vorbereitungen für den Film Il viaggio di G. Mastorna, den Fellini nicht beendete (das Drehbuch hat Milo Manara als Comic umgesetzt). Fellini selbst geriet in eine Schaffenskrise.
Die häufigen Missverständnisse ließen Fellini auf Distanz zu dem mächtigen Produzenten gehen, und er plante ¿ trotz unterschrieben Vertrags ¿ einen Film (Satyricon) mit der Konkurrenz zu machen, woraufhin Laurentiis ihn verklagte. Schließlich wurde Fellini von dem Produzenten Grimaldi losgekauft, und er konnte mit den Vorbereitungen für Satyricon beginnen. Doch auch dieser Film wurde verschoben. Fellini bekam ein Angebot aus Frankreich, einen Episodenfilm mit Louis Malle und Roger Vadim zu drehen: Toby Dammit heißt Fellinis Teil von Histoires extraordinaires ¿ Außergewöhnliche Geschichten. Bei der Premiere 1968 in Cannes fand der Film insgesamt wenig Beachtung ¿ doch Fellinis Episode wurde mit hervorragenden Kritiken bedacht. Als die Dreharbeiten für Satyricon anliefen, stellte NBC eine Dokumentation über und mit Fellini her. A Director's Notebook lief 1969 im amerikanischen Fernsehen.
Im gleichen Jahr kam Fellinis Satyricon in die Kinos. Bei den XXX. Filmfestspielen in Venedig lobten Kritiker den Film am Folgetag, schreckten jedoch davor zurück, ihn zu interpretieren. Tatsächlich gehört Satyricon zu Fellinis subjektivsten Filmen, der eine tiefgründige Auslegung erfordert.
I Clowns ¿ Die Clowns wurde für das Fernsehen produziert und lief 1971 in Italien, Frankreich, Deutschland und den USA. Fellini versuchte dabei, nicht die Erzählform des Kinos zu kopieren, und inszenierte den Film in einem vertraulichen, eher journalistischen als erzählenden Ton.
In seinem nächsten Film Fellinis Roma porträtierte er Italiens Hauptstadt um das Jahr 1940 auf ganz subjektive, autobiografische Weise.
Im Jahr darauf erschien Fellinis Amarcord ¿ ein Panoptikum skurriler Charaktere, ein Kaleidoskop verschiedener Momentaufnahmen eines Italien zur Zeit des Faschismus, und zwar aus der Perspektive eines neugierigen sechzehnjährigen Jungen. Amarcord war sowohl beim Publikum als auch auf Festivals wieder erfolgreicher: der Film erhielt einen Oscar und 13 weitere Auszeichnungen.
1975 begannen die Dreharbeiten zu Casanova, die Produktion übernahm Alberto Grimaldi (produzierte z. B. 1900 und Gangs of New York). Mitte Dezember waren Budget- (5 Milliarden Lire) und Terminvorgaben bereits überschritten. Da noch etwa 40 Prozent des Films zu drehen waren, verteilte Grimaldi der gesamten Truppe Kündigungsbriefe und beschloss, den Laden zu schließen. Nach endlosen Debatten mit Anwälten wurde der Dreh dann doch noch (Mitte Januar) fortgesetzt und im Mai 1976 beendet. Il Casanova di Federico Fellini ¿ Fellinis Casanova kam im Dezember 1976 in die Kinos, doch die Besucherzahlen standen in keinem Verhältnis zu den Erwartungen. Die meisten Kritiker waren irritiert und zeigten Unverständnis gegenüber dem optischen Übergewicht, der Opulenz sowie dem eher aufzählenden als erzählenden Charakter des Werkes.
Nach der langen Drehzeit von Casanova wollte Fellini nun etwas Kleines, Billiges drehen. Ein Thema, das ihn stark berührte, fand er in der aktuellen politischen Lage Italiens. Als der Christdemokrat und Regierungschef Aldo Moro mit der kommunistischen Partei (PCI) einen Solidaritätspakt abschließen wollte, um das Problem der Wirtschaftskrise zu lösen, wurde er von einem Kommando der Roten Brigaden entführt und erst 55 Tage später tot in einem Kofferraum eines Renaults in der Nähe des Sitzes der kommunistischen Partei gefunden. Womöglich ist Fellinis Prova d'orchestra ¿ Orchesterprobe der politischste Film seiner Karriere. Für Fellini war das Orchester eine Metapher für die ganze Welt und die Menschheit. Die Dreharbeiten begannen im Mai 1978 und dauerten gerade mal vier Wochen. Das Einspielergebnis blieb unerheblich, doch alle Kritiken fielen gut aus.
Fellinis Stadt der Frauen ist der bebilderte Traum eines Mannes (großartig gespielt von Marcello Mastroianni), der sich auf der Suche nach der idealen Frau verirrt. Der Film lief in Fellinis sechzigstem Lebensjahr an und wurde von der Kritik mit Respekt aufgenommen.
Fellinis nächstes Projekt E la nave va ¿ Fellinis Schiff der Träume ist eine assoziative Anspielung auf den Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Der Film wurde 1983 in Venedig vorgestellt. Die Reaktionen auf den Film waren positiv.
1984 reiste Fellini zu Recherchen über einen lateinamerikanischen Gelehrten nach Los Angeles und Mexiko. Nach seiner Rückkehr schrieb er das Exposé Die Reise nach Tulun. Im Oktober 1984 begannen die Dreharbeiten zu Ginger und Fred. Der Film ist eine Abrechnung mit der seelenlosen Fernsehwelt und unterstreicht Fellinis Äußerungen und gerichtliche Klagen gegen die bodenlose Ausuferung des Privatfernsehens Ende der siebziger Jahre in Italien. Kinostart war im Januar 1986 in Frankreich. Als Fellini 1985 bei Fertigstellung von Ginger und Fred gerade aus dem Krankenhaus entlassen wurde, erhielt er in Venedig den Goldenen Löwen für sein Lebenswerk. Mit Intervista, einem Selbstporträt, in dem er sich selbst spielt und über sein Leben und Arbeiten erzählt, setzte er 1987 sein filmisches Schaffen fort.
Fellinis vierundzwanzigster und letzter Film, den er im Alter von 70 Jahren inszenierte, hat den Titel La Voce della Luna ¿ Die Stimme des Mondes und handelt von dem mondsüchtigen Salvini (Roberto Benigni), der nachts umherstreicht und geheimnisvollen Stimmen lauscht.
Quelle und weiterführende Informationen s. https://de.wikipedia.org/wiki/Federico_Fellini [Stand: Januar 2017]