Objekte von: Rochus Gliese
Rochus Gliese, geboren am 6. Januar 1891 in Berlin. 1909-11 Studium am Staatlichen Kunstgewerbemuseum Berlin; er arbeitet bis 1913 als Kostümzeichner mit Leo Impekoven, dann als Bühnenbildner in Berlin (1913-14 Deutsches Künstlertheater, 1914 Lessingtheater, 1915-17 Meinhard-Bernauer-Bühnen, 1918 Residenztheater, 1922-32 Staatliches Schauspielhaus); zunächst vom Expressionismus geprägt, bevorzugt er später einen sparsamer ausgestatteten funktionalen Bühnenbau der "entrümpelten Szene".
Gliese arbeitet als Ausstatter und Kostümzeichner ab 1914 für die märchen- und legendenhaften Filme Paul Wegeners; übernimmt, wenn dieser spielt, auch Regieaufgaben. Er dreht Auftragsfilme: im Kaiserreich den Werbefilm für Kriegsanleihen "Der papierene Peter", in der Republik für das Auswärtige Amt den Antikriegsfilm "Apokalypse". 1917 entsteht in Zusammenarbeit mit Lotte Reiniger ein erster Silhouettenfilm ("Die schöne Prinzessin von China"), in dem die Schatten der Schauspieler auf eine transparente Leinwand projiziert werden; "Die Jagd nach dem Glück" kombiniert diese Aufnahmeweise mit Realfilmszenen.
1927 folgt Gliese F.W. Murnau in die USA, um die Bauten für "Sunrise" zu schaffen. "Es ist hier, als ob die Ästhetik des deutschen Stummfilms, jene immer wieder neue Verschmelzung von realistischen und visionären Komponenten, in der fremden Umgebung noch einmal einen letzten Höhepunkt erreicht. Die Dekorationen dieses Films, besonders der gigantische Platz mit seinem ameisenhaften Verkehr, der sich wie ein zugleich vertrautes und exotisches Schauspiel darbietet, wirken wie eine Quintessenz dessen, was der deutsche Stummfilm an Umweltbeschreibung zustandegebracht hat." (U. Gregor, 1968).
Gliese wird von Cecil B. DeMille als Regisseur, Autor und Ausstatter engagiert, doch nur eins seiner Projekte, die Boxergeschichte "The Main Event", wird realisiert; nach zwei Jahren kehrt er nach Deutschland zurück.
1933-34 kurzzeitig an den Städtischen Bühnen Essen, arbeitet Gliese 1934-44 unter der Intendanz Gustaf Gründgens' als Ausstattungsleiter am Staatlichen Schauspielhaus Berlin, als Bühnenbildner auch am Schillertheater (1937-38) und dem Wiener Burgtheater (1939-44). Er wird Oberspielleiter des Nationaltheaters Weimar (1945-46) und des berliner Theaters am Schiffbauerdamm (1947-48), Intendant des Landestheaters Potsdam (1948-49). 1950-70 wirkt er als Bühnenbildner und Regisseur an zahlreichen Bühnen West-Berlins und der Bundesrepublik.
Rochus Gliese stirbt am 22. Dezember 1978 in Berlin.
CineGraph - Lexikon zum deutschsprachigen Film
© 1984ff edition text+kritik im Richard Boorberg Verlag, München.