ObjektnummerP 2005-1287
Oktogonale Silberdeckeldose
ObjektbezeichnungDose
Künstler*in
Unbekannt
DatierungWohl 1. Hälfte 20. Jahrhundert
Material/TechnikSilber, getrieben, graviert und punziert
MaßeH 8,2, B 8,6, T 8 cm, Gewicht: 263 Gramm
BeschreibungDiese überaus dekorative, rechteckige, dabei oktogonal angelegte und in ihren Darstellungsmustern geradezu prunkvolle silberne Deckeldose ist durch eine durchbrochen gestaltete Deckelansicht dekoriert. Es ist die Darstellung eines reitenden, mit einem Schwert bewaffneten Affenkriegers. Möglicherweise ist es das Abbild des indischen Affengottes Hanuman und zudem die bildnerische Darstellung einer Kriegsszene aus dem Ramayana*. Der Reiter wird von der Abbildung einer höfisch gekleideten, sitzenden Dame assistiert. Die Figuren sind von einem diffizilen Rankenwerk als weiteres Dekormittel umgeben. * Der aus dem indischen Kulturkreis stammende Affengott Hanuman und General eines Affenheeres wird im hinduistischen Kult stark verehrt und gilt dort als tatkräftige sowie als helfende, loyale Gestalt. In den Erzählungen des berühmten indischen Nationalepos Ramayana und in hinduistischen Schriften, jenen neben den Veden fast ebenso bekannten Puranas, wird aus dem Leben Hanumans und der mit ihm verbundenen Vorstellungswelt berichtet.
Die wie der Deckel ebenfalls durch Dekorationsbänder eingefassten Seitenreserven der Dose bilden im Relief angelegte Naturdarstellungen ab: etwa einen Hirsch, eine Eule sowie weitere Vogelarten. Zum Repertoire dieser Darstellung gehört auch die Abbildung eines Jägers.
Die geradezu skulpturale Formulierung der stark getriebenen und teilweise vollreliefartigen Ausarbeitung ist auffällig wie auch die sorgfältige, handwerklich feine und in ihren Gestaltmitteln besonders gute Ausführung, zu der auch die präzis angelegte wie in ihrem Ausdruck äußerst klar vermittelte Darstellungsweise einzelner Szenen hier abgebildeter literarischer Metaphern gehört.
Da weder die Tradition der Silberschmiedearbeiten noch die für Asien typische Wiederholung alter Gebrauchsmuster in Birma/heute Myanmar bisher verloren gegangen sind, lässt sich nicht immer eindeutig sagen, wann solche kunsthandwerklichen Stücke zeitlich einzuordnen sind. Bei diesem dürfte es sich aber wegen seiner feinen, aufwendigen Dekoration und äußerst gut angelegten wie ausgeführten Gestalt um ein altes Stück handeln. Es ist eine geradezu höfische, ganz vorzügliche Arbeit. Ganz offensichtlich ist sie auch völlig frei von ästhetischen Vorstellungen europäischer Vorbilder und ein echtes Stück alter birmansicher Kultur. Ähnliche Dosen werden mittelweile - aber in der Regel wesentlich weniger qualitätvoll - immer wieder kopiert.
Der heute wichtigste Platz für zeitgenössische burmesische Silberschmiedekunst ist zweifellos Sagaing, ein kleiner Ort bei Mandalay, auf dessen Ausfahrtsstraße sich eine größere Anzahl von Silberschmieden finden lässt. Weitere Silberschmiedewerkstätten sind am Inle-See im östlichen Myanmar, im dortigen Shan-Land, angesiedelt. Dort wird aber vor allem touristische Ware hergestellt.
Die Dose ist auf ihrer Unterseite bezeichnet. Oft geschieht dies - wie in diesem Fall - durch die Eingravierung birmanischer Schriftzeichen: in der Regel ist es die Namensnennung des vormaligen Dosen-Besitzers oder der Namensschriftzug der ehemaligen Besitzerin.
Diese Silberdose diente - wie ihre im Inneren vorhandene Reste zeigen - zur Aufbewahrung von Kalk im Zusammenhang des Betelnusskonsums.*
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Die Samen der Betelnuss-Früchte der in fast allen tropischen Gebieten in Asien vorkommenden Betelnusspalme (Areca catechu) werden überwiegend von Männern konsumiert.
Die für diesen Zweck zerkleinerten Betelnusssamen werden mit auf Blättern aufgebrachtem, gelöschtem Kalk sowie mit Geschmackszusatzstoffen - zum Beispiel mit Pfefferminze oder mit Kau-Tabak vermischt - und über Stunden im Munde gehalten. Der dabei entstehende Speichel ist Rot gefärbt und wird regelmäßig an allen Orten ausgespuckt.
Der Betelnusskonsum hat durch den Wirkstoff Arecolin eine leicht anregende Wirkung, zudem mildert er ein etwaiges Hungergefühl. Der Genuss ist aber vor allem wegen des drohenden Mundschleimhaut- und Zahnverfalls bedenklich und daher potentiell stark gesundheitsschädlich. Nach langem Gebrauch verfärben sich als sichtbares Ergebnis die Zähne tief-schwarz. Dennoch ist der Betelnuss-Gebrauch fast überall in Asien, besonders in ländlichen Gebieten, noch immer sehr populär. W. Alberg
KlassifikationAngewandte Kunst / Kunstgewerbe - Alltags- und Gebrauchsgegenstand
Entstehungsort
SchlagwortSilber
SchlagwortFabelwesen
SchlagwortTiere
SchlagwortHirsch
SchlagwortVogel
SchlagwortReligion
Copyright DigitalisatKunstpalast, Düsseldorf, Foto: LVR-Zentrum für Medien und Bildung, Stefan Arendt, 2011
In Sammlung(en)
Institution
Kunstpalast
ProvenienzSchenkung von Prof. Dr. Dr. h. c. Bruno Werdelmann, Ratingen, 25.10.2004
Stempel/ZeichenAuf dem Dosenboden befinden sich Schriftzeichen; möglicherweise ist es der Name des vormaligen Eigentümers.
Unbekannt
Wohl 2. Hälfte 19. Jahrhundert
wohl 2. Hälfte 19. Jahrhundert
Unbekannt
wohl 1. Hälfte 20. Jahrhundert oder später
Unbekannt
wohl 19. Jahrhundert
12. Jahrhundert oder später