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Bild nicht vorhanden für EYE-STEP, 2000

EYE-STEP

Datierung2000
BeschreibungWie ein Ohrwurm dringen Bilder ins Gehirn, folgen seinen Windungen, setzen sich fest und kreisen in sich. Spiralformige Treppenläufe erfassen sogartig den Raum, in dem sich im Auf und Ab der Bewegungen die Dimensionen -außen und innen, oben und unten, nah und fern -überlagern und ineinander verschachteln. Körper, die diesen in sich gekrümmten Raum durchqueren, folgen einem Treppenlauf -aufwärts/abwärts, vorwärts/rückwärts -und gleichen doch bei aller Unterschiedlichkeit eher Sateliten, die im immergleichen Rhythmus nach Maßgabe einer verborgenen Ordnung auf vorgeschriebenen Bahnen im Raum kreisen. Die Wendeltreppe, die Hauptfigur des neuen Films von Dore 0. ist, befindet sich in einem Turm, der wie ein Kaleidoskop die unterschiedlichsten Personen und Gestalten, Schauplät!oe und Szenen von Mülheim an der Ruhr bis Indien in sich versammelt, die sich in immer neuartigen ordnungen und Konstellationen verknüpfen, die dennoch gleichartigen Mustern zu folgen scheinen. Wie die bunten Steine, die sich bei der leisesten Drehung eines Kaleidoskops nach Maßgabe verborgener Symmetrien und geheimer Entsprechungen zu stets andersartigen Ornamenten zusammenfinden, so fügen sich hier die Bilder, Ausschnitte und Abschnitte von Wirklichkeit, zu in sich verwobenen Organismen zusammen, deren Ordnungsprinzipien archetypische Gestalten umspielen -die Treppe als in sich gerichtete Sequenz, bei der wie bei den Lebensaltem von Anfang bis Ende Stufe auf Stufe folgt, und die Spirale als in sich verschobenes Umkreisen einer leeren Mitte, bei demjede Wiederkehr und Wiederholung gleichzeitig Veränderung bedeutet Dore 0. bedient sich damit nicht von ungefähr der beidigen gängigen Formen geschichtsphilosophischen Denkens, die für die Interpretation von Welt, der Verknüpfung von Raum und Zeit, nach wie vor maßgebende Modelle sind, aber -und das ist das Entscheidende -sie verwandelt in ihrem Film diese Metaphern des Seins zu einer neuen Phänomenologie der Wahrnehmung, indem die Genese ebenso wie die Verbindungen zwischen den Bildern keinen sprachlichen Regulativen entsprechen, sondern einer Logik des Auge folgen, das Ähnlichkeiten und Entsprechungen entdeckt, Verwandtschaften und Verbindungen erkennt, die diesseits und jenseits des Sprachraumes liegen. Kosmische Zusammenhänge und banale Ereignisse werden in eins gesetzt, sind einfach Phänomene einer Wirklichkeit, in der sich Unterschiede zwischen Sein und Schein, Hier und Dort, Gestern und Morgen aufgehoben haben in der Gleichzeitigkeit und Gleichgültigkeit der Bilder, die gleichermaßen undurchdringlich wie oberflächlich sind -so einfach wie das Bild einer Wendeltreppe, so verwickelt wie die Struktur eines Turbans. Das Auge, das diese Bilder erfaßt und in ihr Dickicht eindringt, scheint zwischen den Bildern ebenso zu treiben wie getrieben zu sein -einer immanenten Logik folgend, in der Trennung und Verbindung sich im Schnitt verbinden wie die Stufen zur Treppe in Schritt, -einem unausweichlichen Sog folgend, in dem die Bilder ineinandergleiten und sich der Raum in der Zeit krümmt wie beim Auf- und Untertauchen einer Welle im Meer. Wenn das Auge ähnlich süchtig werden kann wie das ohr, ist dies Dore 0. mit diesem Film gelungen, dessen Bilder und Sequenzen sich weniger einprägen als einbrennen. Karin Stempel
(Quelle: Filmmuseum Düsseldorf)
KlassifikationTon/bewegtes Bild - Werk
Produktionsland
  • Deutschland
Filmgenre<Experimentalfilm>
ObjektnummerFM.Film.7254
Abteilung FM Filme