Michel Tournier
Er ist der Sohn eines Germanisten-Ehepaares, das sich bei Deutsch-Studien an der Sorbonne kennengelernt hatte. Der Vater war Mitbegründer und Chef des B.I.E.M., der entsprechend der deutschen GEMA mit der Wahrung der Urheberrechte von Künstlern, namentlich Musikern betrauten Organisation. Interesse und Neigung für Deutschland und insbesondere für die deutsche Sprache hatten vor allem in der Familie der Mutter eine alte Tradition. Obwohl der Vater im 1. Weltkrieg im Kampf gegen Deutschen erheblich verletzt worden war, verbrachten die 4 Kinder - 3 Söhne und 1 Tochter - mit und ohne die Eltern ihre Ferien zumeist in Deutschland und lernten frühzeitig Deutsch. Trotzdem neigte die Familie im 2. Weltkrieg nicht zur Kollaboration mit der deutschen Besatzung.
Nach 1945 war Michel Tournier unter den ersten französischen Zivilisten, die nach Deutschland gingen. Im Sommer 1946 nahm er, obgleich er Philosophie und Jura studierte, zunächst an einem von der französischen Militärregierung für französische und britische Germanisten und deutsche Romanisten veranstalteten 6-wöchigen Ferienkurs in Bad Teinach (Schwarzwald) und in Tübingen teil, blieb dann jedoch weitere 4 Jahre in Tübingen und studierte an der dortigen Universität Philosophie.
Seine Absicht, in Frankreich Dozent der Philosophie zu werden, misslang, weil er das einschlägige Examen in Frankreich nicht bestand. Nach Tätigkeiten bei Verlagen und bei Rundfunkanstalten sowie als literarischer Übersetzer (unter anderem von Erich Maria Remarque) erschien 1967 sein erster Roman "Vendredi ou les Limbes du Pacifique" (dt. "Freitag oder Im Schoß des Pazifik"), der mit dem Großen Romanpreis der Académie Française ausgezeichnet wurde.
Für seinen zweiten, 1970 erschienenen Roman "Le Roi des Aulnes" (dt. "Der Erlkönig", 1972) erhielt er - ungewöhnlicherweise einstimmig - den bedeutendsten französischen Literaturpreis, den "Prix Goncourt". Der Roman, der vorwiegend während des Zweiten Weltkriegs, zur Hälfte in Frankreich, dann in Deutschland - in Ostpreußen - spielt, ist ein facettenreiches Werk aus realistischen, mythischen, philosophischen, psychologischen und historischen Elementen. Er hatte in Deutschland einen beachtlichen Erfolg und wurde 1996 von Volker Schlöndorff unter dem Titel "Der Unhold" verfilmt.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Michel_Tournier [Stand: 04/2006]