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Brief von Marie Curie an Albert Einstein, 1. Seite
Korrespondenz von Marie Curie an Albert Einstein
Brief von Marie Curie an Albert Einstein, 1. Seite
Brief von Marie Curie an Albert Einstein, 1. Seite

Korrespondenz von Marie Curie an Albert Einstein

Absender*in (PL, 1867 - 1934)
Empfänger*in (1879 - 1955)
Date1922
DescriptionMarie Curie war zusammen mit Albert Einstein 1922 in die "Kommission für intellektuelle Zusammenarbeit" des Völkerbundes, ein Vorreiter der UNESCO, gewählt worden. Einstein äußerte schon nach wenigen Monaten Rücktrittsabsichten, da er als „Vertreter der deutschen Wissenschaft“ gesehen wurde, was einige französische Intellektuelle beklagten, ihnen war es zu früh für einen deutschen Vertreter im Völkerbund. Einstein selbst glaubte nicht, dass er als aktiver Jude aus deutscher Sicht, als dessen Vertreter akzeptiert werde. Rechtsextremismus und Judenfeindlichkeit griffen schon Anfang der 1920iger Jahre in Deutschland immer stärker um sich, um so mehr bestätigt fühlte er sich durch die vor kurzem von Rechtsextremisten begangene Ermordung seines jüdischen Freundes Außenminister Walther Rathenau. Marie Curie beschwört Albert Einstein in ihrem Brief eindrücklich, diesen Entschluss nicht auszuführen.

Transkription:

Cher Monsieur Einstein,
J'ai recu votre lettre qui m'a cause une grande déception.
Il me semble que la raison que vous donnez pour votre abstention n'est pas convaincante. C'est précisement parce qu'il existe des courants d'opinion dangereux et nuisibles, qu'il faut les combattre,et vous pouvez exercer, à ce point de vue, une influence excellente, par votre seule valeur personnelle, sans que vous ayez à lutter pour la cause de la tolérance. Je crois que votre ami R a t h e n a u dont je plaint le triste sort, vous aurait engagé à faire au moins un essai de collaboration pacifique intellectuelle internationale. Ne pouviez vous encore changer d'avis?
Vos amis d'ici vous gardent un souvenir affectueux.
M. Curie

Lieber Herr Einstein,
ich habe Ihren Brief erhalten, der mir eine grosse Enttäuschung bereitet hat. Mir scheint die Begründung, die Sie für Ihr Fernbleiben anführen, nicht überzeugend. Eben genau weil es gefährliche und schädliche Meinungsströmungen gibt, müssen diese bekämpft werden, und an diesem Punkt können Sie allein durch den Wert Ihrer persönliche Anwesenheit einen aussserordentlichen Einfluss ausüben, ohne dass Sie für die Sache der Toleranz zu kämpfen hätten.
Ich glaube, dass Ihr Freund Rathenau, dessen trauriges Schicksal mir leid tut, Sie dazu verpflichtet hätte, wenigstens einen Versuch zur pazifistischen intellektuellen internationalen Zusammenarbeit zu machen. Könnten Sie Ihre Ansicht nicht nochmal ändern?
Ihre hiesigen Freunde behalten Sie in liebevoller Erinnerung.
M. Curie

ClassificationsArchivalie - Korrespondenz
Curatorial Remarks1 eigenhändiger Brief mit Unterschrift
Object numberHHI.2016.G.1001.96