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Unbekannt (Künstler*in), Silberdeckeldose in Form eines Rehbocks, Wohl erste Hälfte 20. Jahrhundert
Silberdeckeldose in Form eines Rehbocks
Silberdeckeldose in Form eines Rehbocks
Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: LVR-Zentrum für Medien und Bildung, Stefan Arendt, 2011
Object numberP 2005-1254

Silberdeckeldose in Form eines Rehbocks

NameDose
Künstler*in
DateWohl erste Hälfte 20. Jahrhundert
MediumSilber, getrieben und graviert sowie Halbedelsteinaugen: Tigerauge
DimensionsH 11,5, B 13,3, T 5,6 cm, Gewicht: 150 Gramm
DescriptionDiese Deckeldose vermittelt wohl die Gestalt eines Rehbocks. Ob es sich hierbei um die Darstellung eines männlichen oder die eines weiblichen Tieres handelt, kann mit letzter Sicherheit jedoch nicht entschieden werden. Zwar ist ein kleines Geweih abgebildet, welches auf einen Rehbock schließen könnte. Doch tragen andererseits auch weibliche Tiere bei manchen Hirschtierarten einen solchen Kopfschmuck. Andererseits spricht der massive Körper hier für die Abbildung eines männlichen Exemplars.

Die äußere Erscheinungsform dieses Tieres ist durch das Behältnis nachgebildet, jedoch war nicht minutiöse Naturdarstellung bildnerisches Thema. Vielmehr stand das Bemühen um eine stark stilisierende Dekoration im Vordergrund. So ist nur am Hals des Rehbockes die Nachahmung des Tierfelles zu entdecken, während Ober- und Unterkörper der Deckeldose sich allein schon durch die unterschiedlichen Schmuckmuster vehement unterscheiden.
Dies heißt, der Deckel und damit der obere Teil des Tierkörpers ist mit Pflanzen-ranken reich verziert, während der untere Part des Behältnisses, und damit der Unterkörper des Rehbockes, mit einer eher gröberen, rautenartigen Dekoration versehen ist, was ästhetisch im völligen Gegensatz zum oberen Bereich der Deckeldose steht.

Das Tier ist ruhend dargestellt, wobei sein Kopf zum Rücken gedreht abgebildet erscheint. Tierkörper und Haupt sind gestalterisch nicht ausbalanciert, denn der Kopf ist im Verhältnis zum Korpus proportional ein wenig zu klein geraten. Die eingesetzten Augen sind aus dem Halbedelstein Tigerauge gefertigt.

Wahrscheinlich diente diese handwerklich sehr gut gearbeitete, aber wegen ihrer sich widersprechenden, dies heißt so uneinheitlichen und daher völlig unmotivierten Dekorationsmuster nicht ganz so qualitätvolle Silberdose zur Aufbewahrung von Betelnüssen oder von Geschmacksstoffen wie aber auch von Kalk im Zusammenhang des Betelnusskonsums.* Manchmal wurden solche Behältnisse auch zur Lagerung von Schmuck oder für Kosmetika benutzt. Auch wurden kambodschanische Silberdosen als Behältnis zur Aufbewahrung von Gewürznelken eingesetzt.

Diese Dosen wurden auch immer wieder zu Hochzeiten oder zu anderen Festlichkeiten verschenkt. Manchmal spielten sie zudem im sakralen Kult eine Rolle und fanden einen Platz sowie Verwendung auf dem familiären Hausaltar.

Bis etwa zur Mitte des letzten Jahrhunderts waren es Silbermünzen oder Chiang-Sycee-Silberbarren, sogenanntes Sattelgeld (siehe dazu die Nr. mkp.P 2005-1203 und mkp.P 2005-1296), die das Grundmaterial für diese Behältnisse lieferten. Später wurde Silber auch aus dem europäischen Ausland, aus China und aus den USA nach Kambodscha eingeführt, aus dem die Behältnisse hergestellt wurden.

Frühe Dosen mit Tierdarstellungen aus Kambodscha stammen aus dem 19. Jh. und sind möglicherweise beeinflusst durch die Rezeption keramischer Gefäße der Khmer - den Vorfahren der heutigen Kambodschaner - aus dem 11. Jh.
Ab dem letzten Viertel des 19. Jh. ist durch den Einfluss der Franzosen auch europäisches Formenvokabular bei der Silberschmiedekunst, jedoch mit traditionellem Dekor vermischt, vermehrt festzustellen. Besonders zwischen den beiden Weltkriegen wurden Deckeldosen in Tierform hergestellt, wobei Elefanten und Löwen-Hunde die beliebtesten Motive waren. Deckeldosen des 20. Jh. sind aufwendiger und vor allem kleinteiliger dekoriert als jene eher schlichten des vorhergehenden Jahrhunderts.

Alte kambodschanische Dosen gehören durch ihren Formenreichtum zweifellos zu den schönsten und auf das aufwendigste gearbeiteten Silberwaren ganz Südost-Asiens. Besonders durch ihre originellen, an der Natur orientierten Darstellungen sind sie berühmt und begehrt. Und dies so sehr, dass sie vielfach nach alten Vorlagen heute nachgearbeitet werden. Durch ihre Qualität, auch ausgedrückt in ihrem Variationsreichtum, stellen sie neben den Waren chinesischer Handwerker wohl die Spitze der Silberschmiedekunst dieser Region dar.

Wenn Silberdosen auch heutzutage überwiegend im profanen Bereich Anwendung finden, scheinen sie ursprünglich jedoch vor allem im sakralen Zusammenhang, etwa bei Opfergaben, eine wichtige Rolle gespielt zu haben.


*
Die Samen der Betelnuss-Früchte der in fast allen tropischen Gebieten in Asien vorkommenden Betelnusspalme (Areca catechu) werden überwiegend von Männern konsumiert.
Die für diesen Zweck zerkleinerten Betelnusssamen werden mit auf Blättern aufgebrachtem, gelöschtem Kalk sowie mit Geschmackszusatzstoffen - zum Beispiel mit Pfefferminze oder mit Kau-Tabak vermischt - und über Stunden im Munde gehalten. Der dabei entstehende Speichel ist Rot gefärbt und wird regelmäßig an allen Orten ausgespuckt.
Der Betelnusskonsum hat durch den Wirkstoff Arecolin eine leicht anregende Wirkung, zudem mildert er ein etwaiges Hungergefühl. Der Genuss ist aber vor allem wegen des drohenden Mundschleimhaut- und Zahnverfalls bedenklich und daher potentiell stark gesundheitsschädlich. Nach langem Gebrauch verfärben sich als sichtbares Ergebnis die Zähne tief-schwarz. Dennoch ist der Betelnuss-Gebrauch fast überall in Asien, besonders in ländlichen Gebieten, noch immer sehr populär. W. Alberg

ClassificationsAngewandte Kunst / Kunstgewerbe - Alltags- und Gebrauchsgegenstand
Entstehungsort
SchlagwortSilber
SchlagwortTiere
SchlagwortRehbock
SchlagwortHalbedelstein
SchlagwortRanke
Copyright DigitalisatKunstpalast, Düsseldorf, Foto: LVR-Zentrum für Medien und Bildung, Stefan Arendt, 2011
Bibliography TextSylvia Fraser-Lu: Silverware of South-East Asia, Singapore 1989,
K. I. Matics: Cambodian Silver Animals - A Long Tradition of Artistic Heritage, Bangkok/Thailand 2002
Institution Kunstpalast
ProvenanceSchenkung von Prof. Dr. Dr. h. c. Bruno Werdelmann, Ratingen, 25.10.2004
MarkingsAuf dem Dosenboden befinden sich Schriftzeichen; möglicherweise ist es der Name des vormaligen Eigentümers.
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