Object numberP 2005-1268
Silberdeckeldose in Form eines Hirschtieres
NameDose
Künstler*in
Unbekannt
DateWohl 1. Hälfte 20. Jahrhundert
MediumSilber, getreiben und graviert
DimensionsH 5, B 8,3, T 5,5 cm, Gewicht: 66 Gramm
DescriptionDiese Silberdeckeldose stellt ein liegendes, in sich kauerndes Hirschtier dar. Ob es sich hierbei um die Darstellung eines männlichen oder die eines weiblichen Exemplars handelt, kann nicht mit letzter Sicherheit entschieden werden. Zwar ist ein kleines Geweih abgebildet, welches auf einen Rehbock schließen könnte, doch tragen bei manchen Hirschtierarten auch weibliche Tiere einen solchen Kopfschmuck. Neben der fein ausgeführten bildnerischen Konzentration auf eine naturnahe Darstellung ist dem Gegenüber auf der Dosenrückseite eine völlig überflüssige Dekoration durch pflanzenartige Arabesken vorhanden, welche im unteren Teil der Deckeldose nochmals durch die Darstellung solcher Muster in einer Kartusche wiederholt und betont sind.
Dennoch stellt diese Dose eine vorzügliche handwerkliche Leistung dar. Allein schon die bemerkenswerte, auf die sehr beschränkten Maße des Dosenkörpers souverän eingehende Fixierung der Gestalt, die auf sehr gute Weise den Tierkörper beschreibt und dabei zugleich auch den Erfordernissen einer Deckeldose gerecht wird, zeigt die besondere Meisterschaft des Handwerkers.
Zweifelsfrei waren vor allem kambodschanische Silberschmiede wirkliche Könner gerade bei der Tierdarstellung. Diese bedauerlicherweise ein weinig überdekorierte, aber dennoch sicherlich eine der besten Silberdosen der Sammlung Werdelmann im Museum Kunstpalast ist zur Aufbewahrung von Betelnüssen oder von Geschmacksstoffen wie aber auch für die Lagerung von Kalk im Zusammenhang des Betelnusskonsums* benutzt worden. Manchmal wurden solche Behältnisse auch zur Aufbewahrung von Schmuck oder für Kosmetika eingesetzt. Diese Dosen wurden auch immer wieder zu Hochzeiten oder zu anderen Festlichkeiten verschenkt. Zudem spielten sie zuweilen im sakralen Kult eine Rolle und fanden einen Platz sowie Verwendung auf dem familiären Hausaltar.
Frühe Dosen mit Tierdarstellungen, aber auch die anderer Abbilder, etwa aus dem Pflanzenreich Kambodschas, stammen aus dem 19. Jh. und sind möglicherweise beeinflusst durch die Rezeption keramischer Gefäße der Khmer - den Vorfahren der heutigen Kambodschaner - aus dem 11. Jh.
Ab dem letzten Viertel des 19. Jh. ist durch den Einfluss der Franzosen auch europäisches Formenvokabular bei der Silberschmiedekunst, jedoch mit traditionellem Dekor vermischt, vermehrt festzustellen. Besonders zwischen den beiden Weltkriegen wurden Deckeldosen in Tierform hergestellt, wobei Elefanten und Löwen-Hunde die beliebtesten Motive waren. Deckeldosen des 20. Jh. sind aufwendiger und vor allem auch kleinteiliger dekoriert als jene eher schlichten des vorhergehenden Jahrhunderts.
Alte kambodschanische Dosen gehören durch ihren Formenreichtum zweifellos zu den schönsten und auf das aufwendigste gearbeiteten Silberwaren ganz Südost-Asiens. Besonders durch ihre originellen, an der Natur orientierten Darstellungen sind sie berühmt und begehrt. Und dies so sehr, dass sie vielfach nach alten Vorlagen heute nachgearbeitet werden. Durch ihre Qualität, auch ausgedrückt in ihrem Variationsreichtum, stellen sie neben den Waren chinesischer Handwerker wohl die Spitze der Silberschmiedekunst dieser Region dar.
*
Die Samen der Betelnuss-Früchte der in fast allen tropischen Gebieten in Asien vorkommenden Betelnusspalme (Areca catechu) werden überwiegend von Männern konsumiert.
Die für diesen Zweck zerkleinerten Betelnusssamen werden mit auf Blättern aufgebrachtem, gelöschtem Kalk sowie mit Geschmackszusatzstoffen - zum Beispiel mit Pfefferminze oder mit Kau-Tabak vermischt - und über Stunden im Munde gehalten. Der dabei entstehende Speichel ist Rot gefärbt und wird regelmäßig an allen Orten ausgespuckt.
Der Betelnusskonsum hat durch den Wirkstoff Arecolin eine leicht anregende Wirkung, zudem mildert er ein etwaiges Hungergefühl. Der Genuss ist aber vor allem wegen des drohenden Mundschleimhaut- und Zahnverfalls bedenklich und daher potentiell stark gesundheitsschädlich. Nach langem Gebrauch verfärben sich als sichtbares Ergebnis die Zähne tief-schwarz. Dennoch ist der Betelnuss-Gebrauch fast überall in Asien, besonders in ländlichen Gebieten, noch immer sehr populär. W. Alberg
ClassificationsAngewandte Kunst / Kunstgewerbe - Alltags- und Gebrauchsgegenstand
Entstehungsort
Copyright DigitalisatKunstpalast, Düsseldorf, Foto: LVR-Zentrum für Medien und Bildung, Stefan Arendt, 2011
Collections
Institution
Kunstpalast
Department
Kunstpalast - Skulptur und Angewandte Kunst
ProvenanceSchenkung von Prof. Dr. Dr. h. c. Bruno Werdelmann, Ratingen, 25.10.2004
MarkingsAuf dem Dosenboden befindet sich eine Eingravierung in burmesischer Schrift; es dürfte sich dabei um den Namenszug des Vorbesitzers oder den der ehemaligen Eigentümerin handeln.
wohl 19. Jahrhundert