Skip to main content
Willy Jaeckel (Künstler*in), Tote Mutter und kleines Kind, 1915
Tote Mutter und kleines Kind
Tote Mutter und kleines Kind
Foto: Kunstpalast - Horst Kolberg
Object numberK 1951-161k

Tote Mutter und kleines Kind

TitelDead Mother and Young Child
Series titleMemento 1914/15 (sheet 3/10)
SerientitelMemento 1914/15 (Blatt 3/10)
NameDruckgrafik
Künstler*in (DE, 1888–1944)
Date1915
MediumLithografie
DimensionsBlattmaß: 65 × 50 cm
Description"Weder 'schön' noch 'hässlich', kann das Kunstwerk für mich nichts anderes sein als der Niederschlag eines inneren Wollens zum zeitlosen 'Ich' gegenüber der Außenwelt, als Auseinandersetzung des Individuums mit den Realitäten."
Willy Jaeckel, 1921

Der aus Breslau stammende Willy Jaeckel (1888-1944) konnte bereits vor dem Ersten Weltkrieg künstlerische Erfolge in Berlin verzeichnen. Schon mit Mitte zwanzig wurde er in den Kreis der Secession um Lovis Corinth aufgenommen, ein Jahr später - im Jahr 1916 - folgte die Berufung in den Vorstand dieser Künstlervereinigung, 1919 wurde er Mitglied der Akademie der Künste, 1925 Lehrer, 1933 Professor an der Hochschule für Kunsterziehung in Berlin. In den 1920er-Jahren erfreute sich Jaeckel auch als Porträtmaler großer Beliebtheit und erhielt 1928 den vom Reichsverband bildender Künstler mit 100.000 Reichsmark dotierten Georg-Schicht-Preis für das "schönste deutsche Frauenporträt".

Doch der Erfolg war dem Künstler nicht in die Wiege gelegt. In einfachen Verhältnissen in Breslau aufgewachsen, musste er den zunächst ausgeübten Beruf als Dekorationsmaler einer Lungenkrankheit wegen aufgeben. Ein Arzt empfahl ihm, eine Tätigkeit im Freien auszuüben, so dass eine Ausbildung zum Förster folgte. Allein der bedingungslose Wille, Kunst zu schaffen, führte 1906 dazu, dass Jaeckel unter großen finanziellen Entbehrungen ein Studium an der Staatlichen Kunstschule in Breslau aufnahm. Er setzte es von 1909 bis 1911 in Dresden fort und beteiligte sich 1913 erstmals an der Berliner "Juryfreien Kunstausstellung", um sich anschließend dauerhaft in der Stadt niederzulassen.

Neben seiner vielversprechenden Karriere als Maler machte sich Jaeckel auch als Grafiker und Illustrator verschiedener Zeitschriften einen Namen und stellte dabei sein Talent als Lithograph unter Beweis. Im Jahr 1914 wurde er u.a. Mitarbeiter von Paul Cassirers Blatt Kriegszeit, für das er Szenen mit zum Teil drastischen Inhalten wie einem Massaker an Juden oder toten russischen Soldaten in einem Schützengraben lithographierte. Jaeckels unverhohlener Umgang mit in der allgemeinen Kriegsbegeisterung tabuisierten Themen setzt sich in der Graphikmappe Memento 1914/15 fort. Sein engagierter Berliner Galerist I.B. Neumann, der auch Max Beckmann vertrat, gab die in einer Auflage von 40 Exemplaren gedruckte Mappe 1915 heraus, doch sie wurde sofort verboten.

Auch wenn Jaeckel als Kartenzeichner in Russland den Gefechten nicht direkt ins Auge blickte und daher auch keine konkreten Ereignisse schilderte, wurde ihm das Kriegsgeschehen zu einem gewaltigen, die Seele aufrüttelnden und erschütternden Erlebnis. In der auf zehn Blätter angelegten Memento-Folge breitet er ähnlich wie Francisco de Goya (1746-1828) in seinen Desastres de la Guerra ein wahres Panorama des Leidens und des Grauens aus, das den Krieg zur Apokalypse werden lässt. Für Jaeckel war Krieg das große Drama der zivilisierten Welt, eine Endzeit, die entweder ins Nichts oder zu einem neuen Aufstieg führen konnte.
Eines der Blätter zeigt eine Frau, die ihren toten Mann in Uniform in den Armen hält (Abb. 1). Halb kniend, halb stehend und dem Betrachter in direktem Blickkontakt zugewandt, versucht sie ihn in eine aufrechte Position zu bringen und das Gewicht seines erschlafften Körpers zu tragen. Die Gliedmaßen des Mannes sind auf unnatürliche Weise verrenkt. Seine rechte Hand, die Handfläche nach oben gedreht, befindet sich in der Bildmitte und erweckt den Anschein, er würde den Betrachter auffordern, am Geschehen teilzunehmen. Im Hintergrund ist eine verwüstete Landschaft zu erahnen.
Die Lithographie Tote Mutter und kleines Kind (Abb. 2) ist eindringlich in Gestaltung und Wirkung. Eine tote Frau, der das Blut aus dem Mund rinnt, liegt auf dem Boden, ihre Beine über einen umgekippten Stuhl geschlagen. Ihr hochgerutschtes Kleid entblößt die nackten Oberschenkel und den Intimbereich, der nur noch von einem schmalen Streifen Stoff bedeckt wird. Die Position der Frau könnte auf eine brutale Misshandlung hinweisen, die zum Tod führte. Um das Mitgefühl des Betrachters zu steigern, fügte Jaeckel der Szenerie eine weitere Figur hinzu: Unten, am linken Bildrand, sitzt ein auf ein Kissen gestütztes Baby, das das grausame Geschehen überlebt, doch miterlebt hat und nun fragend aus dem Bild blickt.
Durch den unmittelbaren Blickkontakt baut Jaeckel in beiden Fällen eine emotionale Verbindung zum Beobachter auf. Sie wird durch die stakkatoartigen Lichteffekte verstärkt, die dunkle Szenen punktuell hell erleuchten und damit den Blick lenken. Die von Jaeckel souverän beherrschte Technik der Lithographie eignet sich besonders gut, derartige Hell-Dunkel-Kontraste effektvoll in Szene zu setzen.


(681 Wörter/4020 Zeichen)
(Dr. Gunda Luyken)
ClassificationsGrafik - Druckgrafik
Portal-Techniklithography
Copyright DigitalisatFoto: Kunstpalast - Horst Kolberg
Institution Kunstpalast
Provenance[...]; o.D. Edmund Hermann Georg Körner (Leschwitz, Kreis Görlitz 2.12.1874 - 14.2.1940 Essen); vermutl. 1940 Edith Waltke, Nichte von Körner, Rahden in Westfalen, eworben im Erbgang; 1951 angekauft von Edith Waltke
Bert Gerresheim
Heinrich-Heine-Monument, 1981
Bert Gerresheim
1981
Fritz Schwegler, Denkmal U Thant, 1989
Fritz Schwegler
1969
Stehender Buddha auf Plinthe
Wohl 12. Jahrhundert
Stehender Buddha Shakyamuni auf doppeltem Lotussockel
9. Jahrhundert n. Chr. ? oder später
Stehender Buddha
7./9. Jahrhundert
Buddha-Haupt
8./10. Jahrhundert
Objekttyp Inszenierung
Joseph Haydn
19.05.2000 (1999/2000)
Kriegerdenkmal 1870/71
Carl Hilgers
18.10.1892
Stehender Buddha Shakyamuni auf doppeltem Lotus-Sockel
Unbekannt
10. Jahrhundert, vielleicht auch 8./9. Jahrhundert
Some parts of the objects made accessible on d:kult online are historical documents that may contain offensive language, derogatory and discriminatory terms and messages. The institutions in the network are responsible for the content shown on the d:kult online collection platform and endeavour to treat the content presented online with sensitivity. I agree