Objekte von: Tomochika
Patrizia Jirka-Schmitz, aus: The World of Netsuke. The Werdelmann Collection at the museum kunst palast Düsseldorf, hrsg. v. Barbara Til, museum kunst palast Düsseldorf, Stuttgart 2005, S. 329, 330:
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Yamaguchi Chikuyôsai Tomochika wurde 1800 in Edo geboren. Er lernte die Elfenbeinschnitzerei bei seinem älteren Bruder Shôminsai Chikamasa. Sein chômei war Tomochika, sein gô Chikuyôsai. Die Werkstatt, die von Yamaguchi Chikuyôsai Tomochika gegründet wurde, befand sich in Tokyos Stadtteil Sugamo und führte ca. 1859 den Namen Teiya. Er starb 1873, im Alter von 74 Jahren.
Tomochika hatte neben zahlreichen Schülern auch zwei direkte Nachfolger, die seinen Namen führten: Tomochika II. (1830-?) war laut Jonas der Neffe, laut Ueda der Enkel des Chikuyôsai Tomochika.
Yamaguchi Chinnosuke (1842-?) war (laut dem Tokyo meiko kagami und Jonas) der Enkel des Tomochika I. Auch sein gô war Chikuyôsai. Er lebte 1879 in Tokyo Koishikawa-ku Sugamo Kagochô 35 (nach einer anderen Quelle in Ikebukuro Ohara). Ab 1863 führte er den Namen Tomochika III. Er schuf Netsuke und ab 1878 fast ausschließlich okimono für den Export.
Die Tomochika-Werkstatt arbeitete vorwiegend in Elfenbein. Als Sujets dienten historische, japanische und chinesische Personen und Figuren aus dem Alltag. Laut Ueda spezialisierte sich Tomochika auf das Thema ashinaga tenaga und ließ sich von Hokusai manga inspirieren. Zudem fertigte er Geisterdarstellungen. Tier-Netsuke der Tomochika-Werkstatt, wie shishi und Zodiak-Tiere, sind konventionell.
Tomochika I war der Begründer eines Typus genrehafter Figurendarstellungen, der zum Merkmal dieser Werkstatt wurde. Die Personen zeichnen sich durch die genaue Wiedergabe der verschiedenen Gewandstücke (kosode, haori, obi) aus. Die fein gravierten Muster entsprechen der Mode des frühen 19. Jahrhunderts. Die Stoffe der Männer-Gewänder sind mit kleinen Ornamenten überzogen - bestehend entweder aus drei parallelen Strichen, drei Punkten im Dreieck oder vier Punkten als Raute. Die Frauengewänder sind mit asanoha, stilisierten Wellen, Kiefernadelbüscheln oder Blüten geschmückt. Frisuren, Tabaktaschen mit Pfeifenfutteral und Fächern galt besondere Aufmerksamkeit.
Tomochika-Figuren sind auch an ihren charakteristischen Köpfen zu erkennen: ausgewogen ovale Gesichter, die nicht so überlängt sind wie bei ?Joryû, schmale, gebogene Augen, lange Nasen mit breiten Nasenflügeln, leicht lächelnde Münder mit tief liegenden Mundwinkeln.
Den Stil der drei Tomochika auseinanderzuhalten ist nicht möglich. Auch die Signaturen können weder vom Duktus noch von der Form der Reserve her, in der sich die Signatur befindet, einem der Schnitzer zugeschrieben werden. Möglich jedoch ist eine Einteilung in frühe, mittlere und späte Arbeiten. Kompakte Stücke mit expressiven Gesichtern und guter Patina sowie Holz-Netsuke müssen in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts datiert werden und könnten also von Tomochika I. stammen. In der Zeit von ca. 1840 bis 1870 entstanden die lieblichen, genrehaften Figuren, deren erzählerische Details die Europäer begeisterten. Von ca. 1870 bis ca. 1890 datieren die kleinen okimono und die sehr kleinen Netsuke mit figürlicher Darstellung auf einer flachen Standplatte. Manche dieser späten Arbeiten tragen die Signatur Chikuyôsai und das Siegel Tomochika.