ObjektnummerP 2005-1272
Rechteckige Charnier-Silberdose
ObjektbezeichnungDose
Künstler*in
Unbekannt
DatierungWohl 2. Hälfte 19. Jahrhundert
Material/TechnikSilber, graviert
MaßeH 4,1, B 8, T 5,6 cm, Gewicht: 138 Gramm
BeschreibungDiese sehr wahrscheinlich von einem chinesischen Immigranten* im alten Siam gearbeitete rechteckige silberne, mit einem Scharnier versehene Deckeldose ist überaus reich mit Blumen- und Pflanzenmotiven sowie durch die Darstellung von Vögeln zwischen Blütenzweigen dekoriert. Auf ihrem Deckel ist zudem ein Drachen inmitten stilisierter Wolkenwirbel dargestellt, dessen Wandungen mit Blütenmustern versehen sind. Die sehr differenziert angelegten wie ausgeführten Schmuckteile erinnern in ihrem bildnerischen Auftritt nahezu an die Wiedergabe traditioneller chinesischer Stoffmuster. Der in vielen Kulturkreisen als mythologische Gestalt und in der bildenden wie auch in der angewandten Kunst präsente Drache ist ein Hauptmotiv chinesischer Ikonografie. Dort war er nicht nur das Symbol des Kaisers, auch ist der Drache im Asien bis heute - anders als im Westen (Nibelungensage) - Ausdruck des Glücks wie auch ein Symbol der Macht. Die auf dem Dosendeckel zu findende Wolkendarstellung entspricht ebenfalls dieser positiven Setzung und steht für glückliche Umstände.
Diese ganz vorzüglich gearbeitete Deckeldose wurde möglicherweise im Zusammenhang des Betelnusskonsums,** vielleicht aber auch für die Aufbewahrung kleinerer Schmuckstücke benutzt.
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Zwar wurde das alte Siam, das heutige Thailand, niemals kolonialisiert; doch musste es auf seinem Boden neue Ideen und damit auch ganz andere Lebensformen zulassen. Dieses Gedankengut war nicht nur das des Westens sondern es waren auch Anschauungen und Lebensweisen anderer Kulturen aus dem Osten. Und schon allein durch die massenhafte Einwanderung der Chinesen nach Siam im 19. Jh. war es geboten, sich mit anderen Kulturvorstellungen, sozialen Erwartungen wie gesellschaftlichen Ideen zu beschäftigen.
Die chinesischen Immigranten hatten nicht nur den Formenkanon des Kunstgewerbes Siams mit beeinflusst und merkbar erweitert. Deren Nachkommen gestalten noch heute im Bangkoker Stadtteil Chinatown die wirtschaftliche, kulturelle sowie die religiöse Kultur.
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Die Samen der Betelnuss-Früchte der in fast allen tropischen Gebieten in Asien vorkommenden Betelnusspalme (Areca catechu) werden überwiegend von Männern konsumiert.
Die für diesen Zweck zerkleinerten Betelnusssamen werden mit auf Blättern aufgebrachtem, gelöschtem Kalk sowie mit Geschmackszusatzstoffen - zum Beispiel mit Pfefferminze oder mit Kau-Tabak vermischt - und über Stunden im Munde gehalten. Der dabei entstehende Speichel ist Rot gefärbt und wird regelmäßig an allen Orten ausgespuckt.
Der Betelnusskonsum hat durch den Wirkstoff Arecolin eine leicht anregende Wirkung, zudem mildert er ein etwaiges Hungergefühl. Der Genuss ist aber vor allem wegen des drohenden Mundschleimhaut- und Zahnverfalls bedenklich und daher potentiell stark gesundheitsschädlich. Nach langem Gebrauch verfärben sich als sichtbares Ergebnis die Zähne tief-schwarz. Dennoch ist der Betelnuss-Gebrauch fast überall in Asien, besonders in ländlichen Gebieten, noch immer sehr populär.
W. Alberg
KlassifikationAngewandte Kunst / Kunstgewerbe - Alltags- und Gebrauchsgegenstand
Entstehungsort
Copyright DigitalisatKunstpalast, Düsseldorf, Foto: LVR-Zentrum für Medien und Bildung, Stefan Arendt, 2011
Literatur/Quellenhttp://www.beyars.com/kunstlexikon/lexikon_2203.html, 9. November 2011In Sammlung(en)
Institution
Kunstpalast
ProvenienzSchenkung von Prof. Dr. Dr. h. c. Bruno Werdelmann, Ratingen, 25.10.2004
Unbekannt
Wohl 2. Hälfte 19. Jahrhundert