August Heinrich Evers
Biographie meines Vaters!
Es kommt mir in den Sinn das einmal aufzuschreiben was ich von meinem Vater weiß. Geboren wurde er in Wismar in Mecklenburg im Oktober 1817 (?). Sein Vater hatte dort eine Ankerschmiede, starb aber schon sehr früh. Die Mutter, mittellos, musste selbst sehen ihr Brot zu verdienen, heiratete aber bald einen wohlhabenden Kaufmann Hertel (?). Das einzige was Vater von Kindheit erzählte war eine Geschichte von einer Konfirmation. Bei der dieser vorausgehenden Prüfung, zu der alle Konfirmanden in schönen, weißen Glacéhandschuhen erschienen waren, zeigte zwischen all den weißen Händen, plötzlich eine braune und auf den Ruf des Pfarrer erhob sich, schon damals mit einem tüchtigen Barte geschmückt, der Vater, der zum Schrecken seiner Mutter seine Handschuhe ruhig in der Tasche hatte stecken lassen. Als er 18 (?) Jahre alt war starb die Mutter. Er muss also allein hinaus in die Welt. Sein Erbteil waren 100 Taler! Hiervon nahm er noch einen gänzlich mittellosen Freund mit und die beiden zogen nach Berlin. Schon damals war der Vater ein eifriger Verehrer der Kunst, und zwar war es die Bildhauerei, der er sich besonders zuwandte. Doch hatte dies Künstlerleben seine zwei Seiten, von der Schwärmerei konnte man nicht leben, und die zwei Freunde mussten an dem großen Brote, das sie sich wöchentlich kauften, immer große Kreidestriche machen, wie weit sie täglich essen durften! - Hierauf muss Vater wieder nach Mecklenburg und zwar nach Schwerin gegangen sein; seine schöne Stimme fiel auf und er sang vor dem Hof den "Sarastro" in der Zauberflöte. Die Großherzogin Mutter, die ihn sehr protegierte, wollte ihn absolut für die Bühne gewinnen, aber der junge Bildhauer wollte nur für seine Kunst leben, überwarf sich mit der Fürstin und ging von Schwerin weg. Er studierte in Paris und Brüssel und zwar warf er sich jetzt auf die Malerei. Im Jahre 1864 war er in Düsseldorf und in dem Jahre, denke ich, lernte er meine Mutter kennen! Er hat im Malkastengarten, das Malkastenhäußchen zur Wohnung und war "Haus und Garten..." dieses Künstlervereins! Als er Mutter heiratete musste er natürlich dort wegziehen; er baute das Haus in der Immermannstraße, das wir jetzt noch bewohnen. Sein erstes Kind, eine Tochter, starb bald nach der Geburt, dann kam ich zur Welt, zwei Jahre später Ernst. - - Das alles hab ich so im Gespräch mit Mutter und anderen hier und da aufgespickt, es ist recht wenig, und das wenige noch sehr kurz gefasst! Aber gerade weil es so wenig ist, wollte ich es hier aufgeschrieben haben um wenigstens das nicht zu vergessen.
Quelle:
- Tagebuch von Hanns Heinz Ewers, Eintrag vom 19.05.1890