Karl August Varnhagen von Ense
Geboren in Düsseldorf, wechselhafte Kindheit dort sowie in Straßburg, Aachen und Hamburg; 1800-1803 Medizin-Studium an der Pepinière in Berlin; aus Protest gegen die dort vermittelte Aufklärungsphilosophie ging er ab und nahm eine Stelle als Hauslehrer bei der Familie Cohen an, wo sich ein literarischer Kreis entwickelte; Kontakt mit Chamisso, mit dem er ab 1804 zusammen drei Jahrgänge des „Musenalmanachs“ heraus gab; erste journalistische Veröffentlichungen in den „Nordischen Miszellen“; kurzzeitige Rückkehr nach Hamburg, danach ab 1806 Wiederaufnahme des Medizinstudiums in Halle und ab 1808 in Tübingen, wo er mit Kerner, Uhland und dem Verleger Cotta bekannt wurde; 1809 Teilnahme an den anti-napoleonischen Befreiungskriegen, nach Verletzung Rekonvaleszenz-Phase in Wien; von dort aus Kontaktaufnahme mit Cotta, an dessen "Morgenblatt für gebildete Stände" er mitzuarbeiten begann; 1810 im Dienst des Fürsten Bentheim Reisen nach Prag, Westfalen und Paris, wo er bei einer Audienz Napoleons zugegen war, Begegnungen mit Beethoven, Brentano, Stein und Metternich, Korrespondenz mit Goethe; 1813 Eintritt in die russische Armee, bestritt im Stab des Obersten Tettenborn mehrere Feldzüge; 1814 Heirat mit Rahel Levin; Begleiter des Staatskanzlers von Hardenberg beim Wiener Kongreß, kommentierte die Verhandlungen regelmäßig im "Deutschen Beobachter" (Hamburg) und der "Allgemeinen Zeitung" (Augsburg); 1816 Preußischer Geschäftsträger, 1817 Minister-Resident in Karlsruhe, 1819 wegen seiner liberal-demokratischen Ansichten abberufen, zunächst in den Warte-, 1825 in den Ruhestand versetzt, Rückkehr nach Berlin, wo er schriftstellerisch, literaturkritisch und editorisch tätig war; 1826 Gründungsmitglied der Hegelschen Sozietät für wissenschaftliche Kritik, Mitarbeit an deren Jahrbüchern; rezensierte und förderte Arnim, Heine, auch die damals noch unbekannten Puschkin und Lermontow; sein Eintreten für das "Junge Deutschland" setzte ihn 1834/35 erneut politischen Verdächtigungen aus; Beschäftigung mit dem Saint-Simonismus, begrüßte vehement die Revolution von 1848; während er vorher für eine konstitutionelle Monarchie unter Führung Preußens eingetreten war, entwickelte er nach dem Sieg der Reaktion zunehmend demokratische Positionen, ohne allerdings noch unmittelbar ins politische Geschehen einzugreifen; Lyriker, Kritiker, Historiker, Publizist, Herausgeber.
Werke
Wilhelm Meister: Die Versuche und Hindernisse Karls (Roman, zus. m. W. Neumann) 1808
Ueber Goethe (in: "Morgenblatt f. d. gebildeten Stände" 1810)
Geschichte der Hamburgischen Begebenheiten während des Frühjahrs 1813 [anonym]
Geschichte der Kriegszüge des Generals Tettenborn während der Jahre 1813 und 1814 Deutsche Ansicht über die Vereinigung Sachsens mit Preußen 1814 [anonym]
Deutsche Novellen 1815
Vermischte Gedichte 1815
Goethe in den Zeugnissen der Mitlebenden (Hg.) 1823
Biographische Denkmale, 5 Bde. 1824-1830
Die Sterner und die Psitticher (Novelle) 1831
Zur Geschichtsschreibung und Litteratur 1834
Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde (Hg.), 3 Bde. 1834
Leben des Generals Freiherrn von Seydlitz 1834
Leben des Generals Hans Karl von Winterfeldt 1836
Denkwürdigkeiten des eigenen Lebens, 9 Bde. 1837-1859 [Bd. 8 u. 9 postum]
Leben des Feldmarschalls Grafen von Schwerin 1841
Leben des Feldmarschalls Jakob Keith 1844
Schlichter Vortrag an die Deutschen über die Aufgabe des Tages 1848
Leben des Generals Grafen Bülow von Dennewitz 1853
postum: Tagebücher, 14 Bde. 1861-1870, Register: 1905
Blätter der preußischen Geschichte 1868
Biographische Portraits 1871
Biographische Denkmale 1872
Fürst Leopold von Anhalt-Dessau 1892
Freiherr Georg von Derfflinger. Ein Lebensbild, um 1913
Graf Matthias von der Schulenburg, um 1920
Blücher (Biographie) 2005
Die Schlacht von Deutsch-Wagram am 5. und 6. Juli 1809, 2013 [eBook].
Ausgaben
Literaturkritiken (Hg. Klaus F. Gille) 1977
Betrachtungen und Bekenntnisse. Aus den Tagebüchern von 1835 bis 1858, 1980 Kommentare zum Zeitgeschehen. Publizistik, Briefe, Dokumente 1813-1858 (Hg. Werner Greiling) 1984
Journal einer Revolution. Tagesblätter 1848/49 (ausgewählt von Hans Magnus Enzensberger) 1986
Werke, 5 Bde. 1987-1994
Schriften und Briefe. Hrsg. von Werner Fuld 1991.
Briefe
Briefwechsel. Aus dem Nachlaß Varnhagens von Ense, 6 Bde., 1874 [Reprint 1973] Rahel Varnhagen, Briefwechsel mit August Varnhagen von Ense 1967
Varnhagen von Ense und Cotta, Briefwechsel 1810-1848. Textkritisch hrsg. und kommentiert von Konrad Feilchenfeldt, 2 Bde., 2006.
Quellen: Literarische Nachlässe in rheinischen Archiven (www.rheinische-literaturnachlaesse.de); Deutsche Bibliothek.