Vincenzo Bellini
Vincenzo Bellini erhielt seinen ersten Musikunterricht von seinem Großvater, der als Kapellmeister an der Kathedrale in Catania gewirkt hatte. Zwischen 1813 und 1818 entstanden Bellinis erste Kompositionen (die meisten nicht genau datierbar), neben einigen Vertonungen geistlicher Texte vor allem kleine Instrumentalstücke und Lieder mit Klavierbegleitung für die Salons der feinen Gesellschaft in Catania, zu der Bellini schnell Zugang gefunden hatte. Der Herzog und die Herzogin von Sammartino ermöglichten ihm ein Studium am Reale Collegio di Musica di San Sebastiano in Neapel, das er von 1819 bis 1825 besuchte. Seine wichtigsten Lehrer waren dort zunächst Giovanni Furno (Harmonielehre), Giacomo Tritto (Kontrapunkt) und Carlo Conti (Cembalo); später unterrichtete ihn Nicola Zingarelli, Direktor des Konservatoriums und selbst ein geschätzter Opernkomponist.
Am Theater des Konservatoriums führte Bellini am 12. März 1825 als sein Gesellenstück die Oper Adelson e Salvini auf. Deren Erfolg machte Domenico Barbaja, den Impresario des Teatro San Carlo, auf Bellini aufmerksam. Barbaja erteilte Bellini den Auftrag für die Oper Bianca e Fernando, die am 30. Mai 1826 herauskam.
Daraufhin interessierte sich auch das Teatro alla Scala in Mailand für eine Zusammenarbeit mit Bellini. In Mailand begegnete er dem Librettisten Felice Romani, der ihm den Text für Il Pirata und alle seine folgenden Opern (außer I Puritani) schrieb. Die Premiere von Il Pirata am 27. Oktober 1827 an der Scala verschaffte Bellini den Durchbruch. Sie gilt zugleich als Geburtsstunde der romantischen italienischen Oper. La Straniera (14. Februar 1829, Teatro alla Scala) unterstrich Bellinis Stellung als einer der nunmehr führenden italienischen Opernkomponisten, die auch durch den Misserfolg von Zaira (16. Mai 1829 im Teatro Ducale in Parma) nicht erschüttert werden konnte. Vom Teatro La Fenice in Venedig erhielt er das Angebot, Romanis Libretto I Capuleti e i Montecchi (eine von William Shakespeare unabhängige Version des Romeo-und-Julia-Stoffes) zu vertonen, nachdem der ursprünglich dafür vorgesehene Giovanni Pacini kurzfristig abgesagt hatte. Um sein neues Werk rechtzeitig abliefern zu können, verwendete Bellini größere Teile aus der glücklosen Zaira in umgearbeiteter Form. Bei der Uraufführung am 11. März 1830 wurden I Capuleti e i Montecchi mit Beifall empfangen. Man war Bellini besonders dankbar dafür, dass er die Saison "gerettet" hatte, die sonst ohne eine Novität zu Ende gegangen wäre.
Im Sommer 1830 arbeiteten Bellini und Romani an einer neuen Oper Ernani nach dem Anfang desselben Jahres in Paris uraufgeführten Drama "Hernani" von Victor Hugo. Sie brachen die Arbeit jedoch ab, nachdem der Stoff vorsorglich von der Zensur verboten worden war. In der folgenden Karnevalsspielzeit konnte Bellinis Freund und erfolgreichster Konkurrent Gaetano Donizetti mit Anna Bolena (Uraufführung am 26. Dezember 1830 im Teatro Carcano in Mailand) einen aufsehenerregenden Triumph feiern. Um eine direkte Konkurrenz zu vermeiden, wählte Bellini für seine neue Oper La Sonnambula, die am 6. März 1831 am selben Theater herauskam, statt eines historischen Stoffes eine idyllische Schweizer Dorfgeschichte mit glücklichem Ausgang. Für die nächste Oper Norma bearbeitete Romani eine Tragödie von Alexandre Soumet, die bereits Giovanni Pacini als Grundlage für seine Oper La Sacerdotessa d'Irminsul gedient hatte. Ab der zweiten Aufführung begann sich Norma jedoch durchzusetzen und wurde bald als Meisterwerk gefeiert.
Seine nächste Zusammenarbeit mit Felice Romani sollte die letzte sein. Nachdem Beatrice di Tenda am 16. März 1833 im Teatro La Fenice in Venedig durchgefallen war, gab Bellini dem Textbuch Romanis die Schuld; dieser wiederum warf dem Komponisten vor, über seinen Liebesaffären die Kunst zu vernachlässigen.
Seine letzte Oper schrieb Bellini für das Théatre Italien in Paris, wo I Puritani am 25. Januar 1835 uraufgeführt wurden. Als sich kurz darauf sein langjähriges Leber- und Darmleiden akut verschlimmerte, zog Bellini sich in sein Landhaus in Puteaux zurück. Bellini wurde mit einer Zeremonie von den Ausmaßen eines Staatsbegräbnisses geehrt. Bei der Trauerfeier am 2. Oktober 1835 im Invalidendom wirkten neben Solisten des Théatre Italien 350 Chorsänger mit; die Beisetzung erfolgte auf dem Friedhof Père-Lachaise. 1876 wurde Bellinis einbalsamierter Leichnam nach Catania überführt.
Vincenzo Bellini gilt als Schöpfer der romantischen italienischen Oper, des "Melodramma tragico". Sein Hauptlibrettist Felice Romani hat an dieser Schöpfung bedeutenden Anteil. Um Romanis Texten gerecht zu werden, schuf Bellini eine ebenso neuartige musikalische Sprache, die vor allem von der Abkehr vom damals zunächst noch dominierenden Stil Gioacchino Rossinis gekennzeichnet ist. An Stelle der reich verzierten Gesangslinien Rossinis bediente Bellini sich einer überwiegend syllabischen Melodik mit engem Bezug zum Text. La Sonnambula, neben Norma seine meistgespielte Oper, prägt vor allem die Wiederbelebung der geschmeidigen, volkstümlich beeinflussten Melodik, wie sie für die neapolitanische Schule des späten 18. Jahrhunderts typisch war, bereichert um eine neue romantische Empfindsamkeit. Daneben entwickelte Bellini noch einen ganz eigenen Typus lang ausgesponnener lyrischer Kantilenen, die gänzlich ohne Wiederholungen einzelner Passagen auskommen und eine zuvor nicht gekannte Intensität im Ausdruck elegischer Stimmungen erreichen.
Die luxuriöse Orchesterbehandlung Rossinis hat Bellini bewusst reduziert und sich gerade in seinen berühmtesten Stücken oft auf betont einfache Begleitfiguren beschränkt. Dies ist ihm früher häufig als Mangel an kompositorischem Können ausgelegt worden, entspricht aber seiner Ästhetik von der Dominanz des Gesanges.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Vincenzo_Bellini [Stand: Juli 2011]