Richard Wherlock
Richard Wherlock wurde in Bristol, Grossbritannien geboren. Nach seinem Studium an der renommierten Ballet Rambert School in London wurde er als Tänzer in die Compagnie aufgenommen. Von 1991 bis 1996 war Richard Wherlock als Ballettdirektor am Theater Hagen tätig, anschliessend für drei Spielzeiten als Direktor des Luzerner Balletts, danach war er künstlerischer Leiter und Choreograph des BerlinBalletts an der Komischen Oper Berlin. Seit der Saison 2001/2002 ist er Direktor und Chefchoreograph des Ballett Basel und seit 2004 auch Intendant des renommierten Festivals «basel tanzt».
Als Choreograph arbeitete er für folgende Compagnien Tanzforum Köln, Ballet de la Normandie, Scapino Ballet Rotterdam, English Dance Theatre, Finnish Dance Theatre Helsinki, Ballett Staatstheater Braunschweig, Zürcher Ballett Juniors, Rumänisches National Ballett, Innsbrucker Ballett am Tiroler Landestheater, The Icelandic Ballet, Ballet National de Nancy et de Lorraine, Ballet National de Marseille, Ballet de l'Opéra de Nice, aalto ballett theater essen, «Europa Danse» (Unesco), Ballett der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf, Singapore Dance Theatre, Ballett der Vereinigten Bühnen Graz, Introdans in Arnheim/Holland, Ballett des Badischen Staatstheaters Karlsruhe und Ballet Contemporaneo del Teatro San Martin/Argentinien. Ausserdem schuf er einen Ballettabend für Les Etoiles de l'Opéra National de Paris.
Zu seinen Arbeiten für Film und Fernsehen gehört die Choreographie für die Kinoproduktion «Hasards ou Coïncidences» von Claude Lelouch. Diese Arbeit wurde 1998 an der Biennale in Venedig, sowie den Festivals von Montréal und Chicago präsentiert. Für den mehrfach prämierten Tanzfilm «Passengers», der vom Schweizer Fernsehen DRS, RM Associates und 3sat produziert wurde, erhielt er den Prix Italia 2000. Sein erfolgreicher jüngster Film «One bullet left» - ebenfalls vom Schweizer Fernsehen DRS produziert - wurde 2003 mit der «Rose d'Or» beim Internationalen Festival der Fernseh-Unterhaltung ausgezeichnet.
1999 wurde Richard Wherlock für den internationalen Tanzpreis «Benois de la Danse» nominiert.
Quelle: http://www.theater-basel.ch (Stand: Nov. 2009)
Nach kurzer Zeit im Rambert Ensemble erhielt W. bereits 1981 durch Jochen Ulrich ein Engagement als Solotänzer am Kölner Tanzforum. In Köln tat sich der britische Tänzer, der inzwischen für die verschiedensten deutschen, französischen, holländischen und auch finnischen und rumänischen Compagnien gearbeitet hat, zum ersten Mal mit eigenen Choreographien hervor, die bald fester Bestandteil des Repertoires der Tanztruppe wurden.
1991 folgte W. dem Ruf als Ballettdirektor an das Stadttheater Hagen, wo es ihm während seiner fünfjährigen Wirkungszeit laut Kritikermeinung gelang, "ins erste Glied seiner Zunft" vorzurücken (Die Deutsche Bühne, 5/1996) und der Hagener Tanztruppe das Etikett der Provinzialität endgültig abzustreifen. Insbesondere mit seiner ungewöhnlichen antiklassischen Choreographie "La Fille mal gardée" erntete er breite Anerkennung und wurde 1993 mit dem Förderpreis Tanz des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. W. gelang es, die qualitativen und quantitativen Leistungen des Hagener Ensembles, bestehend aus neun Tänzerinnen und neun Tänzern, kontinuierlich auszubauen und das Programm von anfänglich 13 Vorstellungen pro Saison auf 50 zu steigern. Beachtung erhielt v. a. auch seine Choreographie "Hommage à Leonide Massine" 1995 anlässlich des 100. Geburtstags dieses Choreographien.
Nach der schöpferischen Zeit in Hagen drängte es W. zu weiteren Herausforderungen, und obwohl er seine künstlerische Zukunft eigentlich in Deutschland sah, nahm er 1996 das Engagement als Ballettdirektor nach Luzern an, wo ihm ein deutlich größeres Ensemble als in Hagen anvertraut wurde. Daneben wurden ihm auch vermehrt Gastchoreographien u. a. in Holland, Island oder Israel übertragen. Trotz weiterer Angebote entschied sich W. nach drei Spielzeiten in Luzern für den Ruf nach Berlin als Chefchoreograph in der Nachfolge von Jan Linkens und Mark Jonkers. Dort wurde er als Hoffnungsträger für das Tanztheater der Komischen Oper gehandelt. "Acht Jahre habe ich in der zweiten Liga gespielt, da reizt wohl jeden eine solche Herausforderung. Hier gibt es etwas aufzubauen, das passt zu mir", äußerte der Choreograph, der im Aug. 1999 sein Amt antrat, in einem Interview mit der Berliner Morgenpost (9.6.1998). Mit "Handlungsballetten mit zeitgenössischem Tanz" wollte W. das Publikum an die Komische Oper zurückgewinnen und strebte dazu eine völlige Umgestaltung des Repertoires und die vermehrte Arbeit mit Gastchoreographen und Gasttrainingsleitern an.
Doch die Ballett-Herausforderung Berlin, an der seine beiden Vorgänger Jonkers und Linkens gescheitert waren, sollte sich auch für den bislang erfolgsverwöhnten W. als schwierig erweisen. Neben schon bekannten Choreographien wie "La Fille mal gardée", mit der er im Okt. 1999 sein Debüt in Berlin gab, oder der Antonio Vivaldi/Johann Strauss-Adaption "(No) Breathing Spaces"/"Wunderbar" Anfang 2000 wartete W. auch mit neuen Arbeiten wie "Up Country" auf, die im Mai 2000 zur Uraufführung kam, eingerahmt von seinen unterhaltsamen Choreographien "Folk-Lore" und "Stetl". Aber bereits im Mai wurden seine Pläne bekannt, Berlin vorzeitig zum Sommer 2001, ein Jahr vor Vertragsende, den Rücken zu kehren und ans Basler Theater zu wechseln. Die Bilanz ziehenden Medienkommentare über W.s künstlerisches Wirken in Berlin fielen nicht sehr euphorisch aus. Georg-Friedrich Kühn vom Handelsblatt (26.27.5.2000) meinte gar, W. hinterlasse einen "Scherbenhaufen", seine Tanzkreationen seien "bloß gefällig, kaum innovativ" gewesen und er habe die besten Tänzer des Ensembles "zu Nebenfiguren degradiert". Als Hauptgrund für W.s selbst für enge Mitarbeiter und v. a. für den Ballettbeauftragten des Berliner Senats, Gerhard Brunner, überraschenden Schritt wurde jedoch vor allem die schleppende Entwicklung des Berliner Regierungsprogramms 'BerlinBallett', zusammengesetzt aus den Ensembles von Staatsoper, Deutsche Oper und Komische Oper, gesehen - ein Konzept, das von Brunner favorisiert und eng mit W. als Ballettdirektor verknüpft worden war. Erst im Sommer 2004 fiel dann die Entscheidung, dass die Compagnie der Komischen Oper unter der Leitung von W.s Nachfolger Adolphe Binder aufgelöst wird, während die Ensembles der Deutschen Oper und der Lindenoper zum Berliner Staatsballett zusammengelegt werden.
Am Basler Theater trat W. die Nachfolge des Theatertanzchefs Joachim Schlömer an, der mit seiner gesamten Tanztruppe Basel verließ. Mit W. strebte Intendant Michael Schindhelm die Fortsetzung der spezifischen 3-Sparten-Dramaturgie an. "Wherlocks energetischer und intelligenter Tanz soll neben dem Schauspiel Stefan Bachmanns und einem Opernprogramm mit Herbert Wernicke oder Nigel Lowery die dritte Säule einer sowohl international als auch regional anerkannten künstlerischen Arbeit werden", so die offizielle Medienmitteilung des Basler Theaters. Im Okt. 2001 gab W. seinen Einstand mit bewährten Choreographien und präsentierte dann 2002 als Uraufführung zwei Ballette zu Gustav Mahlers "Kindertotenliedern" und "Sacre du Printemps" von Igor Strawinsky, vom Basler Publikum mit euphorischem Jubel bedacht, von der Fachkritik jedoch zurückhaltend kommentiert.
Nach zwei weiteren Premieren mit modernen Choreographien erhielt W. bereits Ende 2002 von Theaterintendant Schindhelm die vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2006 als Ergebnis eines als erfolgreich empfundenen ersten Arbeitsjahres in Basel. Mit "Heartbreakers" und "Up Country" präsentierte W. 2003 ebenso aktuelle Ballette zu Pop-, Rock- und Soulmusik wie eine eher der Klassik nachempfundene Choreographie unter dem Titel "Peer Gynt" zur Musik von Edvard Grieg bis Kurt Weill. Einen Achtungserfolg brachte ihm auch die choreographische Mitarbeit an der "West Side Story" der Bregenzer Festspiele ein, die in den Sommern 2003 und 2004 auf der Bodensee-Freilichtbühne mit großem Anklang aufgeführt wurde. "Das ist spannender moderner Tanz, der einen packt", schrieb die Neue Zürcher Zeitung (19./20.7.2003), die W.s Choreographie zu Bernsteins Musik große Intensität bescheinigte, während der Standard (19./20.7.2003) das Gebotene als "relativ konventionelles Musicalgehopse" titulierte. Auch W.s weitere Arbeit in Basel löste unterschiedliche Resonanz aus. War das Basler Publikum weiterhin von seinem Ballett positiv angetan, so reagierten die Feuilletons teilweise negativ. W.s Choreographie zu "Romeo und Julia" von Sergej Prokofjew, die 2004 Premiere hatte, verriss die Frankfurter Allgemeine Zeitung (27.1.2004) als "unschönen, kurzen Appendix zur Aufführungshistorie" dieses weltberühmten Balletts. W.s Bewegungsrepertoire sei "erschreckend begrenzt" und ohne Gespür für feinere seelische Regungen.
Neben der Theaterarbeit hat W. auch eine Choreographie für die Kinoproduktion "Hasards de Coincidences" von Claude Lelouch geschaffen, die 1998 an der Biennale in Venedig, in Montreal und in Chicago präsentiert wurde. Sein erster Fernsehfilm "Passengers" wurde 1999 in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgestrahlt.
Quelle: http://www.munzinger.de (Stand: Nov. 2009)