ObjektnummerP 2005-1209
Runde Silberdeckeldose
ObjektbezeichnungDose
Künstler*in
Unbekannt
Datierungwohl 2. Hälte 19. oder 20. Jahrhundert
Material/TechnikSilber, graviert und punziert
MaßeH 7, D 8,8 cm, Gewicht: 271 Gramm
BeschreibungDiese runde Dose hat einen besonders stark gewölbten Deckel mit einem über den Dosenkörper hinausragenden, leicht abgeschrägt fallenden Rand. Der Deckel ist durch eine Vielzahl runder, hochstehender und pagodenartiger Noppen gestaltet, die im Kreis angeordnet sind und durch ein weiteres, ebenfalls in Kreisform gebildetes Blütenkranzmuster dekoriert ist sowie durch eine fein gearbeitete Perlstabverzierung. Der Dosenboden ist mit kreisförmig angelegten Blumenmustern verziert. Diese überaus aufwendig und gut gearbeitete Dose hat wegen ihrer geradezu skulptural wirkenden Treibarbeiten einen ausgeprägt bildhauerischen Charakter.
Die gerade Dosenwandung ist ebenfalls vielreihig mit Perlstabmustern dekoriert, um zentral umlaufend jeweils abwechselnd mit Blütendarstellungen sowie mit Tierkartuschen versehen zu sein. Der glatte, undekorierte Dosenstand ist wie der Deckelrand breit über den runden Dosenkörper auskragend ausgelegt und schräg nach oben zulaufend.
Der Dosenboden wird durch eingravierte Ranken wie durch eine zentral positionierte Kotchasingh-Darstellung, dem Abbild des Gajasimha, dekoriert. Mit Kotchasingh beziehungsweise mit Gajasimha ist ein aus dem Körper des Löwen wie dem Kopf des Elefanten zusammengesetztes Fabeltier dargestellt.
Allein dessen Abbild verrät die Übernahme von Darstellungsmustern innerhalb der birmanischen Volkskunst auch aus den im alten Thailand gebräuchlichen Abbildern. Dies verwundert nicht, da das birmanische Shan-Land auch heute noch geographisch an Thailand grenzt und viele Mitglieder des Shan-Volkes sowohl in Birma/Myanmar wie in Thailand leben. Doch finden sich Abbildungen Gajasimhas auch in Tempeln der Khmer-Kultur in Kambodscha.
Solche Deckeldosen wurden in alter Zeit bei ausgesprochen wohlhabenden Menschen in Birma unter anderem zur Aufbewahrung von Betelnüssen,* Kalk oder Geschmackszusatzstoffen im Zusammenhang des Betelnussgebrauchs beziehungsweise in größerer Ausformung für Sakralhandlungen benutzt und in diesem Zusammenhang zum Transport von Weihegaben eingesetzt.
Da weder die Tradition der Silberschmiedearbeiten noch die für Asien typische Wiederholung alter Gebrauchsmuster in Birma/heute Myanmar bisher verloren gegangen sind, lässt sich nicht immer eindeutig sagen, wann solche Arbeiten zeitlich einzuordnen sind.
Bei diesen Stück dürfte es sich aber wegen der überaus gut gestalteten Silberschmiedearbeit um ein altes handeln. Doch ähnliche Stücke wurden selbst noch in den 1970er Jahren in Burma hergestellt und werden mittelweile - aber in der Regel weniger qualitätvoll - kopiert.
Der heute wichtigste Platz für zeitgenössische burmesische Silberschmiedekunst ist Sagaing, ein kleiner Ort bei Mandalay, auf dessen Ausfahrtsstraße sich eine größere Anzahl von Silberschmieden finden lässt.
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Die Samen der Betelnuss-Früchte der in fast allen tropischen Gebieten in Asien vorkommenden Betelnusspalme (Areca catechu) werden überwiegend von Männern konsumiert.
Die für diesen Zweck zerkleinerten Betelnusssamen werden mit auf Blättern aufgebrachtem, gelöschtem Kalk sowie mit Geschmackszusatzstoffen - zum Beispiel mit Pfefferminze oder mit Kau-Tabak vermischt - und über Stunden im Munde gehalten. Der dabei entstehende Speichel ist Rot gefärbt und wird regelmäßig an allen Orten ausgespuckt.
Der Betelnusskonsum hat durch den Wirkstoff Arecolin eine leicht anregende Wirkung, zudem mildert er ein etwaiges Hungergefühl. Der Genuss ist aber vor allem wegen des drohenden Mundschleimhaut- und Zahnverfalls bedenklich und daher potentiell stark gesundheitsschädlich. Nach langem Gebrauch verfärben sich als sichtbares Ergebnis die Zähne tief-schwarz. Dennoch ist der Betelnuss-Gebrauch fast überall in Asien, besonders in ländlichen Gebieten, noch immer sehr populär.
W. Alberg
KlassifikationAngewandte Kunst / Kunstgewerbe - Alltags- und Gebrauchsgegenstand
Entstehungsort
Copyright DigitalisatKunstpalast, Düsseldorf, Foto: LVR-Zentrum für Medien und Bildung, Stefan Arendt, 2011
In Sammlung(en)
Institution
Kunstpalast
ProvenienzSchenkung von Prof. Dr. Dr. h. c. Bruno Werdelmann, Ratingen, 25.10.2004
Unbekannt
Wohl 2. Hälfte 19. Jahrhundert