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Objekte von: Boris Vian

Künstler*inneninfo
Boris Vian
Boris Vian1920 - 1959

Vian verlebte seine Kindheit in dem Pariser Villenvorort Ville-d'Avray als jüngerer Sohn eines wohlhabenden Fabrikanten. Als dieser in der Wirtschaftskrise Anfang der dreißiger Jahre pleite ging, musste die Familie in das Gärtnerhaus des Anwesens umziehen; die Villa wurde von den Eltern des späteren Violinvirtuosen Yehudi Menuhin gemietet, der so Vians Spielkamerad wurde. Vian seinerseits lernte Trompete spielen. Als Halbwüchsiger erlitt er eine Infektionskrankheit, die eine Schädigung des Herzmuskels zurückließ. Nachdem er zunächst ein Lycée in Versailles besucht hatte, wechselte er auf eines der besten Pariser Gymnasien. Hier durchlief er nach dem Baccalauréat die Vorbereitungsklassen (Classes préparatoires) für die École Centrale Paris, die renommierte staatliche Pariser Technische Hochschule. 1939 bestand er die Aufnahmeprüfung (Concours) und begann ein Ingenieur-Studium.

Im Juni 1940 flüchteten die Vians vor den Deutschen in ihr Ferienhaus an der Atlantikküste, wo auch andere betuchte Pariser Familien Zuflucht gesucht hatten. Nach der Rückkehr ins besetzte, aber wieder halbwegs normal lebende Paris legte er 1942 das Diplom ab und erhielt einen Posten bei der Association française de Normalisation, der französischen Normungsorganisation. In dieser Zeit schrieb er seinen ersten Roman und Lyrik.

1944 wurde sein Vater Paul Vian ermordet. Nach der Befreiung von Paris gewann Vian Anschluss an Intellektuellen-Kreise und gehörte u.a. einige Zeit zum engeren Zirkel um Jean-Paul Sartre.

Vian als Autor

1947 gab er seinen Angestellten-Posten auf und schrieb als Journalist für verschiedene Zeitschriften, insbes. Sartres Les Temps modernes, wo er eine regelmäßige ironische Chronique du menteur (Chronik des Lügners) beisteuerte. Daneben wirkte er als Übersetzer aus dem Amerikanischen sowie als Kritiker für Jazz-Musik. Abends spielte er Trompete in einem Jazz-Keller in Saint-Germain.

1947 wurde er schlagartig bekannt durch den Skandal um den 1946 publizierten kurzen Roman J'irai cracher sur vos tombes (dt. Ich werde auf eure Gräber spucken), die angebliche Übersetzung eines Sex-and-crime-Romans eines angeblichen afro-amerikanischen Autors namens Vernon Sullivan. Das Werk, das übertriebene Brutalitäten und bewusste Ungereimtheiten enthielt, wurde dank seines Verkaufserfolgs ernst genommen und trug Vian eine Anklage und Verurteilung wegen Unmoral ein. Zugleich drohte es sein Image in einer bestimmten Richtung festzulegen, zumal er 1947, 1948 und 1950 drei (nur noch mäßig erfolgreiche) weitere "Sullivans" nachschob.

Ebenfalls 1946 erschien sein heute bekanntestes Werk, der Roman L'Écume des jours (dt. Der Schaum der Tage), eine mit einem Touch Surrealismus verfremdete elegisch-tragische Liebesgeschichte. L'Écume blieb zunächst erfolglos, wurde dann aber in den 60er/70er Jahren zum Kultbuch einer ganzen Generation.

Vians weitere Romane, L'Automne à Pékin (Herbst in Peking, 1946), L'Herbe rouge (Das rote Gras, 1950) und L'Arrache-c"ur (Der Herzausreißer, 1954) sowie seine Erzählungen hatten auch auf längere Sicht keinen Erfolg. Anfang der 1950er gab er das Romaneschreiben auf.

Ab 1951 schrieb er zahlreiche Texte für das Radio. 1958 arbeitete er mit Darius Milhaud an der Oper Fiesta. Er übersetzte die Bücher von Raymond Chandler ins Französische und war als Musiker und Musikkritiker an der Rezeption der US-amerikanischen Popkultur in Frankreich beteiligt.

Fast erfolglos blieben Vians erste Stücke: Équarrissage pour tous (Abdeckerei für alle; 1947, Urauff. 1950), eine groteske Tragödie, mit der der Autor auf den Beginn des Kalten Krieges reagiert und vor einem dritten Weltkrieg warnt; oder Le Goûter des généraux (Das Gabelfrühstück der Generäle; 1950, Urauff. 1951), wo er die irrationalen und lächerlichen Motive geißelt, mit denen die französische Regierung und Generalität das Land in Kolonialkriege, besonders den Indochinakrieg (1946-54), hineingestürzt hatten. Einen gewissen Erfolg hatte nur Les bâtisseurs d'Empire (Die Reichserbauer; 1957, Urauff. postum 1959), ein scheinbar absurdes, de facto aber ebenfalls politisches Stück, das die Auswirkungen des Ende 1954 ausgebrochenen Algerienkriegs auf Frankreich selbst verarbeitet, wo viele gemäßigt linke Intellektuelle einen scharfen Rechtsruck, wenn nicht gar einen rechten Militärputsch befürchteten.

Um 1950 verfasste Vian zahlreiche Gedichte zum Thema Partnerschaftsprobleme. Sie erschienen gesammelt in Cantilènes en gelée (Kantilenen in Aspik, 1949) und Je voudrais pas crever (Ich möchte nicht krepieren, 1953). Etliche seiner insgesamt etwa 400 Gedichte gelten aber auch der Politik im Frankreich der Vierten Republik, das um 1945 eine enorme Aufbruchstimmung erlebt hatte, dann aber ab ca. 1950 unter dem Druck der pausenlosen Kolonialkriege in einer Dauerkrise versank, die die Franzosen zugleich frustrierte und polarisierte.

Einen neuerlichen Skandalerfolg erzielte Vian in diesem Kontext 1956 durch das von ihm selbst gesungene Chanson Le déserteur (Der Deserteur), in dem er angesichts der Teilmobilisierung der französischen Armee für den Algerienkrieg zur Fahnenflucht aufrief und so den Zorn aller nationalistischen Franzosen sowie der Justiz auf sich zog.

1959 starb Vian plötzlich während einer Voraufführung des Films, der eher gegen seinen Willen, weil von seinem Drehbuch abweichend, nach dem Roman J'irai cracher sur vos tombes gedreht worden war (Regie Michel Gast).

Vian arbeitete zu dieser Zeit als Künstlerischer Direktor bei der Abteilung Schallplatten der Firma Philips.

Vian als Musiker

Schon während der deutschen Besatzungszeit spielte er im Club Tabou in der Rue Dauphine im berühmten Viertel Saint-Germain-des-Prés in Paris die von den Deutschen geächtete Jazzmusik. Er spielte Trompete, eine kleine Taschentrompete, die er in Gedichten als "Trompinette" bezeichnet. Er wurde Mitglied der Amateur-Jazzband von Claude Abadie, die in der Szene für Aufsehen sorgte; später spielte er mit Hubert Fol und mit Claude Luter. Serge Gainsbourg sagte, dass es ihn inspiriert habe, Musik zu schreiben, als er Vian live erlebte.

1948 verbot der Arzt Vians ihm weiteres Trompetespielen, was er jedoch hin und wieder ignorierte. Als Jazz-Enthusiast diente er als Verbindungsmann in Paris für US-amerikanische Musiker wie Duke Ellington und Miles Davis. Er schrieb für verschiedene französische Jazz-Zeitschriften (Le Jazz Hot, Paris Jazz) und veröffentlichte unzählige Artikel über Jazz sowohl in Frankreich als auch in den USA. Obwohl er diese nie besucht hat, sind sie in seinem Werk ebenso wie der Jazz direkt und indirekt sehr präsent.

Weiterhin schrieb Vian Chansons und trug sie auch vor. Sein berühmtestes war Le déserteur, ein pazifistisches Lied, das er nach Beginn des Algerienkriegs verfasste und das 1955 verboten wurde. Chansons von Vian wurden auch von diversen anderen Künstlern aufgenommen, u. a. Juliette Gréco, Nana Mouskouri, Yves Montand, Magali Noël und Henri Salvador.

Vian betätigte sich als Gelegenheitsschauspieler und arbeitete mit Michel Arnaud und Raymond Queneau an Filmprojekten.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Boris_Vian [Letzter Zugriff: 2009-06-30]

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Programmheft "Die Reichsgründer oder Das Schmürz" von Boris Vian
Boris Vian
15.05.2009 (2008/2009)