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Brief von Antonie Forster an Henriette Solger, 1. Seite
Korrespondenz von Antonie Forster an Henriette Solger
Brief von Antonie Forster an Henriette Solger, 1. Seite
Brief von Antonie Forster an Henriette Solger, 1. Seite

Korrespondenz von Antonie Forster an Henriette Solger

Absender*in (1758 - 1823)
Empfänger*in (1790 - 1867)
Datierung1810
BeschreibungTranskription:

Braunschweig d. 25. Februar 1810

Wozu die Entschuldigungen meine beste Frau von Grüben über Ihr
Schweiger? ich bin stolz aber vielmals glaubend und noch

Seite 1, 2. Abs.:
"[...] Endlich meine gütige Freundin, ist es entschieden daß ich künftige
Ostern nach Berlin ziehe, und Augustchen noch ein Jahr bei mir behalte.
Ich hatte gewünscht dass es noch auf zwei Jahre seyn möchte, aber hierein
konnte die Gräfin nicht willigen, und entschied sich schnell sie nun zu=
gleich mit Lottchen zu Hause zu nehmen: ein Entschluß der mich um
meiner Auguste willen sehr betrübte; ich sezte die Gründe aus ein
ander warum ich Augustchens Rückkehr ins väterliche Haus, in
dem ersten Eintritt ins jugendliche Alter für so sehr nachtheilig für
sie hielt, und schlug vor sie auch nur auf ein Jahr zu mir zu nehmen,

dieses haben die Eltern mit Freuden bewilligt [...]

S. 2, Zeile 9: Lottchen fährt fort mir vielen Kummer zu
machen: es hat sich bei ihren andern Fehlern, eine Dreistigkeit in ihr
entwickelt, die auch die sanfteste Erzieherin nicht würde dulden können.
Wenn sie mich durch ewiges Wiederstreben, Wiedersprechen und Wieder-
holung der nämlichen Fehler genöthigt hat zu sagen: 'Lottchen ich sehe
du willst meine Geduld aufs äußerste prüfen', so antwortet sie keck:
'und Sie die meine auch'. Sage ich etwas über den Eigendünkel, der
ihr größter Feind ist, so sagt sie: 'dadurch wird man mich nicht demüthigen,
denn das höre ich schon seit drey Jahren'. Sie ist in allen Stücken nachlä-
ßig selbst in ihrer Haltung und hat sehr viel Gewohnheit die ein woh-
lerzogenes Mädchen nicht haben darf, und dennoch erträgt sie auch nicht
die leiseste Erinnerung. Noch nie hat eine von meinen Zöglingen, selbst
die Prinzessinnen von Kurland nicht, sich so unanständige Reden gegen
mich erlaubt als Lottchen [...]

S. 4, Zeile 4:
Lottchen und Augustchen genießen diesen Winter mehr sogenanntes Vergnügen
als sie ein Recht hatten zu erwarten. Durch den Zutritt zu dem Casino sind
sie in einen größeren Zirkel getreten, und werden nun in der Gesell-
schaft mitgerechnet. Es sind hier in weniger als 14 Tagen zwei Bälle
in ansehnlichen Privathäusern gegeben worden, wo wir mitgebeten gewe-
sen sind [...] Ein Vorzug auf den ich indeß nur inso-
fern Werth setze, als er zur Ausbildung ihres äußeren Benehmens dient,
denn übrigens ist wenig Gewinn für Ausbildung des Geistes, selbst nur
für die Geselligkeit in diesen Gesellschaften, an höhere ist nicht zu geden-
ken [...]

S. 7, Zeile 9:.. ¿ gäbe man
Lottchen und Augustchen jetzt Romane in die Hände, so würde bald jedes
ernstere Buch sie anekeln. Unter allen den Freuden und Vorzügen die
sich Lottchen von ihrer Rückkehr ins elterliche Haus verspricht ist auch
dieser sich ihre Lektüre wählen zu dürfen und Romane lesen zu können
nicht einer der geringsten. Bey jeder Gelegenheit wenn dieser Gegen-
stand aufs Tapet kommt, wird mir Jettchens Beispiel zitiert, und erinnere
ich dass Jettchen mehrere Jahre älter ist, so sagt man mir, sie habe
schon in Berlin mit Madame Steinmetz Romane gelesen. Was läßt
sich dazu sagen, als daß meine Ansicht verschieden von der der Mad: St.
über diesen Punkt sey, denn das Romane vielleicht weniger schädlich
auf Jettchen wirkten als sie auf Lottchen wirken würden, ist ein Grund den man vergebens
anführt [...]
S. 8, Zeile 1:.. Niemand kann lebhafter fühlen wie ich, was
ich aufgeben müßte, wenn ich in meinen Jahren aufs neue in eine
abhängige Lage träte, aber meine liebe Freundin, können die Verhält-
niße in die man sich begiebt drückend seyn, so sind es Nahrungs-
sorgen gewiß; sie feßeln unsern Geist an lauter Kleinigkeiten die
für uns von der größten Wichtigkeit seyn müßen, und rauben
uns Zeit und Ruhe [...]
S. 8, 4.letzte Zeile: Sehen wir uns
so will ich Ihnen noch hierüber sagen Und nun leben Sie
von Herzen wohl liebe gute Frau und erhalten Sie mir Ihre
Freundschaft
A. Forster
Meinen herzlichen Gruß an Jettchen.






KlassifikationArchivalie
Anzahl/Art/Umfang1 eigenhändiger Brief mit Unterschrift
© UrheberCC BY-SA Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International
ObjektnummerHHI.2016.G.1001.244