ObjektnummerP 1929-139
Muttergottes
Titel EnglischMadonna
ObjektbezeichnungMadonna
Datierungca. 1480
Material/TechnikLindenholz, Rückseite ausgehöhlt, teilweise alte Fassung
EpocheGotik
Maße108 (H) cm
BeschreibungIn ein prächtiges silber- und goldfarbenes Gewand gehüllt, hält Maria das Jesuskind vor ihrem Körper. Diese majestätische Gewandung und die Krone auf ihrem Haupt weisen Maria als Himmelskönigin aus. Die Sichel zu ihren Füßen bestimmt den ikonografischen Typus der Figur als Mondsichelmadonna. Sie verweist auf die Gleichsetzung der Gottesmutter mit dem Apokalyptischen Weib, das in der Offenbarung des Johannes wie folgt beschrieben wird: Und es geschah ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau mit der Sonne bekleidet und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen.
(Apokalypse 12,1)
Ebenso wie das Apokalyptische Weib überwindet Maria das Böse. Ihre unbefleckte Empfängnis befreit sie von der Sünde und macht gleichzeitig ihre Auserwähltheit deutlich.
Der mystisch verklärte Gesichtsausdruck der 'Schwäbischen Muttergottes' hebt sie jedoch von einer reinen Repräsentation des Göttlichen ab, denn es spiegelt sich die Sorge um das Kind in ihrem Blick wider: Maria ist nicht mehr nur Mutter des Messias, sie ist auch Mutter eines Kindes. Sie trägt das Kind zwar nach dem Typus der Darbietung an die Gläubigen, ist sich als Mutter jedoch auch seines Schicksals als Messias bewusst. Irdisches und Überirdisches verschmelzen miteinander, es entsteht ein Bild der Himmelskönigin, das die Gestalt der Maria zugleich vermenschlicht und verklärt.
Diese Entwicklung zu einem 'bürgerlichen' Frauenideal wurde bereits im Verlauf des 13. Jh. vorbereitet: Unter dem Einfluss der Mystik traten die archaisch magische Kraft und die göttliche Majestät der Mariendarstellung mehr und mehr zurück. Die zunehmende Macht des Bürgertums im 15. Jh. - die Institution Kirche war nicht mehr alleiniger Auftraggeber sakraler Kunst - erlaubte den Bildschnitzern zudem, sich von den etablierten Bildtypen loszulösen und die Andachtsfiguren freier zu interpretieren.
Das Jesuskind greift mit seiner linken Hand in das Kopftuch seiner Mutter, das sich, vom Kopf gerutscht, über Marias linke Schulter um das Kind legt. Die seit Ende des 13. Jh. häufig gezeigte greifende Geste, die in ihrem eigentlichen Sinne das liebevolle Verhältnis zwischen Mutter und Kind beschreibt, wird hier vom 'Meister der Schwäbischen Madonna' nicht nur formal eingebunden, sondern gibt einen ausschlaggebenden Impuls für die Gestaltung.
Der unter dem Kind zusammengeraffte goldene Mantel ist wie ein Podest drapiert und gliedert die Skulptur: In tiefe Falten gelegt, betont der üppige Stoff die lebhafte Pose des Kindes, die im Gegensatz zu dem ruhigen, vergeistigten Gesichtsausdruck Marias steht.
Einen weiteren Faltenwurf erzeugt das linke, auf die Mondsichel aufgesetzte Bein der Maria. Zum einen wird hier die Körperlichkeit der Muttergottes dargestellt, zum anderen erhält der Verweis auf Maria als das Apokalyptische Weib eine formale Einbindung.
Die Gestaltung des Gewandes verweist bereits auf barocke und manieristische Entwicklungen und zeigt den Einfluss bekannter Stilerneuerer in der Augsburger und Nürnberger Gegend wie Gregor Erhart und Nikolaus Gerhaert.
Der Aufstellungsort dieser Figur bleibt spekulativ. Vermutlich war die Schwäbische Madonna isoliert angebracht, wegen ihrer ausgehöhlten Rückseite jedoch sicher in Verbindung mit Architektur. Ähnliche Figuren dieses Typus waren z.B. im Eingang einer Kirche oder Kapelle platziert, um die Gläubigen mit der Darbietung des Jesuskindes zu empfangen.
Katja Stolarow, aus: Kunstwerk des Monats, Juni 2010
Klassifikation3D Kunst - Skulptur
EntstehungsortEuropa
EntstehungsortSchwaben
Entstehungsort (englisch)Swabia
KlassifizierungSkulptur
SchlagwortMadonna
SchlagwortMondsichelmadonna
SchlagwortMaria mit Kind
SchlagwortLinde
Copyright DigitalisatKunstpalast Düsseldorf, Foto: Horst Kolberg/ARTOTHEK
AusstellungsgeschichteSchausammlung Museum Kunstpalast 2011
Präsentation in der ständigen Sammlung des museum kunst palast, Düsseldorf, 2005-2008
Literatur/QuellenMuseum Kunstpalast, DüsseldorfPräsentation in der ständigen Sammlung des museum kunst palast, Düsseldorf, 2005-2008
Kunstwerk des Monats (Juni 2010)
Schnellbach, Spätgotische Plastik im unteren Neckargebiet, 1931
Austellung gottischer Plastik, Düsseldorf, 1929, Abb. 16
Sprinz, Slg.-Kat. sigmaringen, 1925
Wilm, Die gotische Holzfigur, 1923
In Sammlung(en)
Institution
Kunstpalast
Provenienz[...]; 25.5.1929 erworben aus der ehemaligen Sammlung Hohenzollern-Sigmaringen
ca. 1400
ca. 1360
ca. 1300
ca. 1700–1730
um 1500/1520
ca. 1500–1510