ObjektnummerHHI.Rkult.vormaerz82
082 Ein spätes Exemplar der verbotenen Schrift...
UntertitelZensur in Preußen
Absender*in
Philipp von Pestel
(1766-1835)
Empfänger*in
Franz Edmund Josef Freiherr von Schmitz-Grollenburg
(1776-1844)
Behandelte Person
Heinrich Heine
(1797-1856)
Datierung20. April 1834
BeschreibungEin Mitarbeiter des Oberpräsidenten der Rheinprovinz teilt dem Regierungspräsidenten von Düsseldorf mit:"In diesen Tagen ist einem Gastwirthe in einer der größeren rheinischen Städte unter Umschlag in brief. Form, dessen Addresse[sic!] durch Überdruck auf Stein geschrieben erscheint, und die Bezeichnung: von Augsburg und: "durch Güte frei bis Frankfurt" mit dem Poststempel von Frankfurt die verbotene Schrift 'Vorrede zu Heine's französischen Zuständen. Paris 1832" zugesendet worden.
Euer Hochwohlgeboren benachrichtige ich davon mit dem Ersuchen, durch die Polizeibehörden ausforschen zu lassen, ob auf demselben Wege Verbreitungen Statt gefunden haben. Zu solchem Falle sind die Schriften zu confisciren, die Addressen, unter denen sie angelangt, zu sammeln und mir zur weiteren Benutzung mit den Vernehmungen der Empfänger einzusenden.
Sollten letztere die Erstattung des Ports fordern, so ersuche Euer Hochwohlgeboren ich ganz ergebenst, solche uns den etatsmäßigen Fonds zu allgemeinen polizeilichen Zwecken gefälligst leisten zu lassen."
Noch knapp ein Jahr nach der Affäre um die "Vorrede zu den Französischen Zuständen" - mit oder ohne Zensur - ist über geheime Kanäle erneut ein Exemplar des besonders inkriminierten Pariser Separatdrucks aufgetaucht. Mit "Durch Güte frei bis Frankfurt" ist gemeint, dass der Brief von Augsburg nach Frankfurt durch eine Privatperson befördert wurde, und zwar kostenlos. Dadurch konnte man Porto sparen, wenn die "gütige Person" den Brief dann beim ihr nächstgelegenen Postamt abgab. Das heißt, dass sich durchaus Menschen fanden, die bereit waren, die verbotene Ware zu schmuggeln. Die Adresse war dabei durch ein Lithographieverfahren (Umdruck) aufgebracht worden, also nicht handschriftlich, sondern in einem Seriendruckverfahren.
Daraus kann man einerseits ersehen, dass solch ein "Untergrund"-Vertrieb durchaus stattfand, andererseits kann das Auffinden eines solchen Exemplares zweierlei bedeuten: Entweder ist diese Einzelbeschlagnahme nur die Spitze des Eisberges oder aber Zeichen für die Effektivität des Systems - zumindest zu einem Zeitpunkt, an dem die rechtliche Lage klar ist, das Buch verboten und zur Beschlagnahme freigegeben. Ein Verkaufserfolg war der Pariser Separatdruck ganz sicher nicht, da Heideloff & Campe später noch erfolglos versuchten, die Gesamtauflage an Julius Campe bzw. Philipp Reclam abzugeben (vgl. Stahl 2011, S. 90).
Interessant ist auch der Hinweis, dass die Empfänger dieser verbotenen Literatur ggf. über den Etat der Rheinprovinz für die Portokosten entschädigt werden!
Landesarchiv NRW, Abt. Rheinland
Signatur: Landesarchiv NRW - Abteilung Rheinland - BR 0004 Nr. 673, Bl. 20
Literatur
Enno Stahl, Heines "Vorrede zu den Französischen Zuständen" aus Sicht der Zensurbehörden, in: Heine-Jahrbuch, 50. Jg. (2011), S. 85-107
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Zum Leitobjekt der virtuellen Ausstellung zum Vormärz:
http://www.duesseldorf.de/dkult/DE-MUS-037814/446364
Zu den Objekten der virtuellen Ausstellung zum Vormärz:
https://emuseum.duesseldorf.de/quicksearchwrapper/vormaerz/
KlassifikationArchivalie - Korrespondenz
Anzahl/Art/Umfang1 Brief
SchlagwortZensur
Institution
Heine-Institut und Schumann-Haus
Abteilung
HH Rheinkultur
Karl Heinrich Johann Ernst Edler von Braun
29. November 1833
Heinrich Heine
1832-1834
Johann Ludwig von Jordan
25. Oktober 1833
(Jean Pierre) Frédéric Ancillon
15. Oktober 1833