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Unbekannt (Künstler*in), 23. Tirthankara Parshvanatha, "Samvat 1643" = 1586
23. Tirthankara Parshvanatha
23. Tirthankara Parshvanatha
Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: LVR-Zentrum für Medien und Bildung, Stefan Arendt, 2011

23. Tirthankara Parshvanatha

ObjektbezeichnungSkulptur
Künstler*in
Datierung"Samvat 1643" = 1586
Material/TechnikGelbguss


MaßeH 9,5, B 5,5, T 2,6 cm
BeschreibungDie Hände dieser Jain-Figur führen die dhyana-mudra aus, die Meditationshaltung. Die Datierung, wohl zusammen mit einer Stifterinschrift, ist auf der Rückseite.

Der Jainismus findet weitgehend nur in Indien Anwendung. Während in seinem Mutterland der Buddhismus spätestens seit dem 13. Jh., verdrängt durch den Hinduismus und vor allem durch den Islam, kaum noch eine Rolle spielt. Es gibt die Ansicht, dass der Jainismus im Gegensatz zum Buddhismus in Indien vor allem deshalb weiterhin aktiv gelebt wird, weil es im Jainismus ein anderes Verhältnis zwischen Laienstand und Priestern als im Buddhismus zwischen der übrigen Sangha/Gemeinde und den Mitgliedern der Mönchsorden gab und gibt. Im Jainismus scheint die Bindung zwischen Klerus und Gemeinde enger zu sein.

Die Kunstblüte der Jainisten erreichte ihre Spitze offenbar erst dann, betrachtet man die Strecke jainistischer Tempelanlagen, als der Buddhismus in Indien schon vor der Tatsache stand, bald wieder zurückgedrängt zu werden, bis er - wie gesagt - spätestens im 13. Jh. fast völlig verschwand.

Auch der Jainismus ist wie der Buddhismus aus dem Brahmanentum hervorgegangen. Während der Jainismus sich durch konzentrierte Askese, rigorosen Verzicht und durch eine angestrebte Bewahrung und den Schutz alles Lebenden auszeichnet, sucht der Buddhismus den von ihrem Religionsstifter vorgegebenen Mittleren Weg. Dieser verzichtet auf strengste Askese wie auf übermäßigen Genuss; wozu jedoch auch die Ablehnung von Alkohol und Drogen - wie im Hinduismus - gehören sowie von unbotmäßiger sexueller Betätigung.

Einen konkret vorstellbaren alleinigen Gott lehnt die jainistische Religion ab. Die einzige heilige Abfassung oder Schrift der Jainisten existiert nicht. Auch haben sich auf Grund eines Schismas, also einer Glaubensspaltung, innerhalb der jainistischen Tradition verschiedene Schulen entwickelt. Daher sind Deutungen jainistischen Schriftguts naturgemäß uneinheitlich. Eine wichtige literarische Quelle jainistischer Schrifttradition ist der Shvetambara-Kanon, eine weitere das Kalpa-Sutra.
Die Sakralskulpturen des Jainismus sind bildhafte Vergegenwärtigungen des Mahavira, ihrem Haupt-Heiligen oder Darstellungen der Wegbereiter des Jain-Glaubens; Abbilder der insgesamt dreiundzwanzig Tirthankaras.

Ihre Darstellung unterscheidet sich auf den ersten Blick formal nur unwesentlich von denen Buddhas. Trägt letztgenannter immer ein Mönchsornat oder das Gewand eines Adligen beziehungsweise das eines Prinzen - als Hinweis auf seine Herkunft und die in der Erlösung erreichte Überwindung irdischer Anhaftung -, sind die Tirthankaras, die Wegbereiter und Mahavira selbst entweder nackt oder nur mit einem Lendenschurz bekleidet, meist auf einem Thron sitzend, manchmal aber auch stehend dargestellt.

Diese bildnerische Wiedergabe spiegelt die jainistische Glaubenstradition. Denn es wird berichtet, dass der verehrte Mahavira immer nackt gelebt haben soll, wie es für die Luftbekleideten, völlig entkleidete Mönche aus einer der beiden Jaina-Linien, noch heute zutrifft.
Bekleidung oder die völlige Nacktheit des in der Jain-Skulptur Dargestellten vermitteln daher auch, ob die Figur von der Jain-Gruppe der Shvetambaras, den Weißgekleideten oder von den Luftbekleideten, den Digambaras, stammt und in deren Kult jeweils Verwendung fand.

Mahaviras Geburtsname war Vardhamana. Wie Siddhartha Gautama, der spätere Buddha (ca. 563 bis 483 v. Chr.), war er ebenfalls einer Adelsfamilie angehörig und wählte einen ihm ähnlichen Lebensweg: Er verlies Frau und Tochter - beim Buddha waren es Frau und Sohn -, um sich im Alter von circa dreißig Jahren der Meditation zu widmen. Schließlich fastete Mahavira bis zum völligen Erlöschen seiner Existenz.

Die herausragende Bedeutung des reich ausgestatteten Sakralbaus im Jainismus spiegelt sich auch in der skulpturalen Darstellung seiner in Schreinen oder auf Altären abgebildeten Heiligengestalten. Jainistische Tempel warten oft durch vornehme Zurückhaltung im Äußeren auf, um im Inneren ihrer Architektur ein differenziertes Spiel kostbarster Steinschnitzerei und einen in das Auge stechenden Licht- und Schattenwechsel zu bieten. Der jainistische Sakralbau demonstriert dabei die zu erwartende Möglichkeit, über die äußere Gestalt und ihre spezifische Schönheit zum Reinen des Geistes und so zur Erlösung zu gelangen.
Bei ihren in Schreinen oder auf Altären vermittelten Heiligenbildern auffällig ist nicht nur die komplexe Anlage der symmetrischen Architektur, auch ist es ihr meist reiches Ensemble vieler Figuren wie nicht zuletzt die aufwendige, für den Uneingeweihten nicht wenig komplizierte Symbolik. Vor allem ist es aber die Abbildung der auch durch Körpergröße betonten Zentralgestalt eines Heiligen.
Die darin auch optisch als unbeweglich vermittelten und in Meditationshaltung unter einem Baldachin befindlichen Jain-Heiligen sind in der Regel von Assistenzfiguren begleitet; oft werden Yakshis, sogenannte Vegetationsgottheiten abgebildet, nicht selten aber auch noch weitere Jain-Heilige. Zudem zeigt sich die durch abstrakte Symbole dargestellte und im Jainismus gepflegte Verehrung von Himmelskörpern wie etwa Mond, Sonne und Planeten.
Zentrum eines Jain-Schreines ist ein Kissen und/oder ein von Löwen getragener Thron, auf denen die immer männlichen Heiligen platziert sind. In einem Feld - unterhalb dieser Sitze - sind meist Zeichen zu erkennen. Durch sie können Tirthankaras oder auch Mahavira selbst erkannt und benannt werden. So ist etwa der 16. Wegbereiter durch ein Reh bezeichnet, der 23. Tirthankara hingegen durch eine Schlange, eine im Übrigen aus dem Hinduismus kommende Vorstellung. Mahavira, der historische Begründer des Jain-Glaubens schließlich, wird durch eine Löwendarstellung vermittelt. Oft verfügen Jain-Altäre auf ihrer Rückseite über Stifterinschriften. Nicht nur im Hinduismus oder Buddhismus, auch Jain-Heiligen wird im Kult geopfert.

W. Alberg
Klassifikation3D Kunst - Skulptur
EntstehungsortWest-Indien, Asien
KlassifizierungSkulptur
SchlagwortGelbguss
SchlagwortHeilige
Schlagwortdhyana-mudra
SchlagwortHistorische Gestalt
SchlagwortReligion
CopyrightKunstpalast, Düsseldorf, Foto: LVR-Zentrum für Medien und Bildung, Stefan Arendt, 2011
AusstellungsgeschichteDüsseldorf 2006
Mythos, Erleuchtung, Ebenbild. Skulpturen des Buddhismus und Hinduismus - Sammlung Werdelmann, Tonhalle, Grünes Gewölbe, Ehrenhof 1, Düsseldorf
ObjektnummerP 2005-1117
In Sammlung(en)
Institution Kunstpalast
ProvenienzSchenkung von Prof. Dr. Dr. h. c. Bruno Werdelmann, Ratingen, 25.10.2004