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Knielange Leinenhose - "bracca", 4.–6. Jahrhundert / 10.–12. Jahrhundert
Knielange Leinenhose - "bracca"
Knielange Leinenhose - "bracca"
Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: Suzana Hodak, Münster

Knielange Leinenhose - "bracca"

ObjektbezeichnungKoptische Textilien
Datierung4.–6. Jahrhundert / 10.–12. Jahrhundert
Material/TechnikTechnik:
Wirkereien in leinwandbindiges Grundgewebe eingewebt; Grundgewebe aus vier Schnittteilen, mit Kappnähten und Vorstichen zusammengenäht; Strukturstreifen im Schuss des Grundgewebes durch drei aufeinander folgende zweifache Schusseinträge; Beinabschlüsse und Bund mit originalen Säumen; eine Webekante an Bundrückseite durch einfache Schussumkehr; mehrere Musterstreifen durch in Schussrichtung eingenähte Wollfäden in zwei Farben; Kettfäden des Grundgewebes für die streifenförmigen Wirkereien abwechselnd zu ein und drei Kettfäden gebündelt, zwei Kettfäden auf der Rückseite flottierend.
Material:
Leinwandbindiges Grundgewebe: Kette: Leinen, ungefärbt, s, 18-23 F /cm; Schuss: Leinen, ungefärbt, s, 14-23 F/cm. Musterstreifen: Wolle, rot, grün, s/2-3 Z. Wirkerei: Kette: Leinen, ungefärbt, s, ca. 8 F/cm, ein- bis dreifach; Schuss: Wolle, rot, s, und Leinen, ungefärbt, s, ca.32 F/cm. Nähfaden: Leinen, ungefärbt, s/ 2 Z.
Zustand:
Relativ guter Zustand; kleinere Fehlstellen in Kette und Schuss des Grundgewebes und der Wirkerei; Ieichte Verbräunungen; braune Verfleckungen auf Vorder- und Rückseite, teilweise hinterlegt und mit Spannstichen gesichert.
MaßeMaximalmaße: H (SR) 48cm x B (KR) 182cm
Breite am Bund: 53cm
Beinlänge: 52cm
BeschreibungAus Leinenstoff gefertigtes Kleidungsstück, am Bund sehr weit gefasst und aus vier Schnittteilen gefertigt. Einzelne Schnitteile mit Kappnähten und Vorstichen zusammen- bzw. die offenen Kanten umgenäht. Drei rote Zierstreifen.

Suzana Hodak, aus: Die koptischen Textilien im museum kunst palast in Düsseldorf. Teil 2: Figürliche und ornamentale Purpur- und Buntwirkereien, S. 344, Nr. 110

Das vorliegende Textil - eine Hose - stellt nicht nur im Rahmen des in diesem Katalog zusammengestellten Textilkonvolutes eine Besonderheit dar. Nach derzeitiger Publikationslage beläuft sich die Anzahl der Hosenfunde aus Ägypten auf weniger als 1%. Bereits vor diesem Hintergrund gewinnt dieses Exponat besondere Gewichtung; umso mehr, da es offenbar zunächst den Status eines Unikates genoss. So erscheint es zumindest nach den Worten R. Forrers, der in seiner Abhandlung über ,,Die Graeber- und Textilfunde von Achmim-Panopolis" aus dem Jahre 1891 lediglich auf das vorliegende Stück verweisen kann. Erst wenige Jahre später war es ihm dann selbst vergönnt, ein ,,zweites" Exemplar im Gräberfeld von Achmim/Panopolis zu entdecken. [...]
Die vorliegende Hose legt ein sprechendes Zeugnis ab von der hoch entwickelten Kunst der Schneiderei. So ist das aus Leinenstoff gefertigte Kleidungsstück, das, am Bund sehr weit gefasst, seinen Träger wohl nicht über die Knie gereicht haben dürfte, aus insgesamt vier Schnittteilen Die Vorderseite der Hose setzt sich aus einem großen Schnittteil zusammen, das lediglich im Schritt durch ein zweites, kleinformatiges, dreieckiges Schnittteil komplettiert wird. Die angeschnittenen Hosenbeine der Vorderseite erstrecken sich zur Hälfte bis auf die Rückseite der Hose, so dass sie am Saum der Hosenbeine sogar zusammentreffen. Für die fehlenden Partien der Rückseite sind zwei Schnittteile verwandt worden. Während ein Schnittteil gleichzeitig den Hauptkorpus (d. h. den Bund und Gesäßbereich) als auch einseitig die fehlende, keilförmige Partie des rückwärtigen Hosenbeines umfasst, stellt das letzte Schnittteil die keilförmige Partie des zweiten Hosenbeines. Die einzelnen Schnittteile sind mit Kappnähten und Vorstichen zusammen- bzw. die offenen Kanten umgenäht. Am Bund und an den Hosenbeinen sind originale Säume festzustellen. [...]
Aufgrund ihrer relativen Singularität, vor allem aber ihres unspezifischen Erscheinungsbildes, ist es umso schwieriger einen Datierungsanhaltspunkt zu gewinnen. F. Bock verzichtet in seinem Katalogbeitrag zu der Hose, die er, ihrem Schnitt, ihrer Größe und der ,,Anlegungs- und Befestigungsweise" nach, mit den Schwimmhosen seiner Zeit vergleicht, auf eine Datierungsvorgabe. Ich selbst habe in einem früheren Katalogbeitrag eine vage Zeitspanne vom 4.-6. Jh. vorgeschlagen. Die Datierungsproblematik wird offenkundig, wenn man die Hose in Brüssel mit einbezieht, die von I. Errera deutlich später, erst in das 10.-12 Jh. verwiesen wird. [...]
KlassifikationAngewandte Kunst / Kunstgewerbe - Textil/Kostüm
EntstehungsortÄgypten
EntstehungsortAchmim-Panopolis, Oberägypten
KlassifizierungTextilien / Kostüme
SchlagwortLeinen
SchlagwortWolle
CopyrightKunstpalast, Düsseldorf, Foto: Suzana Hodak, Münster
AusstellungsgeschichteMannheim 2013
Die Macht der Toga - Mode im römischen Weltreich
20.04. - 08.09.2013, Reiss-Engelhorn-Museen
PublikationenLeiden/Boston 2018
Dress and personal appearance in late antiquity: the clothing of the middle and lower classes, by Faith Pennick Morgan, Leiden/Boston: Brill 2018, S. 90, fig. 57b

Belgien 2013
Antoine De Moor, Cäcilia Fluck, Petra Linscheid: Drawing the threads together. Textiles and footwear of the 1st millennium AD from Egypt, S. 255

BK Mannheim 2013
Die Macht der Toga - DressCode im Römischen Weltreich, hrsg. von Michael Tellenbach, Regine Schulz, Alfried Wieczorek
20.04. - 08.09.2013, Reiss-Engelhorn-Museen (keine Abb.)

BK Wiesbaden 2010
Suzana Hodak, Die koptischen Textilien im museum kunst palast in Düsseldorf. Teil 2: Figürliche und ornamentale Purpur- und Buntwirkereien, S. 344, Nr. 110

AK Hamm/Wiesbaden 1996
M. von Falck (Hrsg), Ägypten Schätze aus dem Wüstensand. Kunst und Kultur der Christen am Nil, Hamm/Wiesbaden 1996, 293 Nr. 332

AK Düsseldorf 1887
Fr. Bock, Katalog frühchristlicher Textilfunde des Jahres 1886. Beschreibung von Gobelin-Wirkereien in verschiedenfarbiger Purpurwolle und von vollständig erhaltenen Bekleidungsgegenständen der spätrömischen und frühbyzantinischen Kunstperiode (IV.-VIII. Jh.) aufgefunden in koptischen Begräbnißstätten Oberägyptens, Kunsthalle, Düsseldorf, Mai-Juni 1887, Nr. 94, 25 (ohne Abb.)

S. Schrenk, Spätrömisch-frühislamische Textilien aus Ägypten, in: M. Krause (Hrsg.), Ägypten in spätantik-christlicher Zeit. Einführung in die koptische Kultur, SKCO 4, Wiesbaden: 339-379, 341, 365, Abb. 3
ObjektnummerP 12754
Institution Kunstpalast
ProvenienzAnkauf des ehemaligen Kunstgewerbemuseums unter der Leitung von Direktor Dr. Heinrich Frauberger.
Verkäufer: Dr. Franz Johann Joseph Bock, Kanonikus, Geistlicher und Kunsthistoriker (3.5. 1823 Aachen-Burtscheid - 30.4.1899 Aachen).
Nach der Auflösung des 1882 in Düsseldorf gegründeten Kunstgewerbemuseums und der Vereinigung mit den städtischen Kunstsammlungen wurden verschiedene Sammlungsbereiche Teil des im Jahre 1928 in das Ehrenhofgebäude eingezogenen Kunstmuseums.