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Bild nicht vorhanden für SCHACHMATNAJA GORJATSCHKA, 1925

SCHACHMATNAJA GORJATSCHKA

Titel DeutschSCHACHFIEBER
Datierung1925
BeschreibungMeinung des Kritikers: Wsewolod Illarionowitsch Pudowkin (1893-1953), zunächst Chemiker, neben Eisenstein der zweite bedeutende Theoretiker und Regisseur der russischen Filmkunst, hatte ab 1920 sechs Filme als Schauspieler, Co-Regisseur ("Hammer und Sichel", "Hunger - Hunger - Hunger"), Drehbuchautor und Architekt ("Die seltsamen Abenteuer des Mr. West im Lande der Bolschewiki", FD 15 178) mitgestaltet, ehe er mit "Schachfieber" seine erste Regiearbeit vorlegte. Anlaß der Komödie waren Beobachtungen bei einem der großen internationalen Schachturniere, die auch heute noch alljährlich viele Moskauer aus dem Häuschen geraten lassen. Pudowkin drehte ohne Atelier und ließ neben einigen Schauspielern (seine spätere Ehefrau, Anna Semzowa, spielte die weibliche Hauptrolle) die Teilnehmer der Weltmeisterschaft auftreten, im Mittelpunkt den berühmten kubanischen Schachweltmeister José Raoul Capalanca, der zum Idol der "Schachkranken" geworden war. Vor dem echten Hintergrund dieses einleitenden Ereignisses inszenierte Pudowkin eine die Gesellschaft parodierende Spielhandlung, wobei er seine in späteren Hauptwerken ("Die Mutter", "Sturm über Asien", "Der Deserteur", "Suworow") entwickelte Meisterschaft erprobte, aus der Menge, die sich hier vor dem Schachhotel Metropol drängte, einen die Atmosphäre expressiv und nuanciert spiegelnden Menschen herauszuholen. Hier ist es ein nervös und grotesk wirkender junger Mann, der über dem Schachspiel und der allgemein herrschenden Psychose Braut und Trauungstermin vergißt. Pudowkin glossierte mit geschickt aufgebauten komischen Randepisoden die verheerenden Zustände und Folgen dieser Spielleidenschaft. So doziert eine diesen landläufigen Kummer schon gewohnte Ehefrau vor der untröstlichen Braut: "Denk daran, meine Teure, das Allergefährlichste für eine Familie ist das Schachspiel!" Uberall in der Stadt spielt man Schach, vor allem an diesen Tagen des Turniers, Kleinkinder mit Säuglingen, Polizisten mit Verkehrssündern, sogar die Apotheker im Dienst- kein Wunder, daß die Ärmste später eine Schachfigur auspackt statt einer Pulle Gift. Als die Verzweifelte ihrem Großvater aufgelöst verkündet, ihr Leben sei zerstört, denkt der an üblichere Ursachen frühzeitiger Untreue und überläßt ihr schweren Herzens einen schweren Wälzer für schwere Stunden. Sie liest: "Muße der Weisen - Almanach antiker Schachexerzitien". So lernt sie begreifen, um wieviel stärker die Liebe sein muß als die Magie des Schachs. Ein Taschensteckspiel bedeutet Versöhnung und Beginn des Eheglücks. -Pudowkin bewies mit diesem witzigen, doch vor allem kostbar humorigen Erstlingswerk seine Vorliebe und überragende Fähigkeit der Beschreibung von Nebenfiguren und Details, die er diesmal mit den Mitteln der Groteske verfremdend einsetzte, wie es Kuleschow, sein phantasiereicher Lehrer, bevorzugt hatte. Pudowkin persiflierte dabei einige Regiemethoden und Tricks seines Lehrers. Amüsant erscheinen in mehreren Parallelsituationen sich entsprechende Eigenschaften und Verhaltensweisen bestimmter Personen. So vernachlässigen-, ähnlich wie der Ehekandidat seine Braut - auch die zum Ordnungsdienst, aufgebotenen Milizsoldaten ihre Pflicht, während sie in einer weiteren Parallele - ähnlich wie die Helden der Turnierkunst - über den Schachzügen brüten. Gutachten der Kommission: Ein Junger Mann vergißt über dem Schachspiel Braut und Trauungstermin, ils das Geschenk eines Schachsteckspiels die Versöhnung bedeutet. Humorvoll-groteske Komödie des berühmten russischen Regisseurs Pudowkin. Besonders für filmhistorisch Interessierte, auch Jugendliche ab 14, empfehlenswert. aus: filmdienst 15300 Zwischentitelliste: Regie: Pudovkin, V. I. und Spikovskij, N. G. Kameramann: A. Golonja Regieassistenz: Svesnikov, B. Darstellende Personen: Weltmeister: Ch. R. Kapablanka Held: V. Fogel Heldin: A. Zemcova In episodischen Rollen: N. Glan, Z. Darevskij, M. Zarov, A. Ktorov, J. Protazanov, J. Rajzman, I. Samborskij, K. Egert un die Maestros des Schachturniers (Beim Turnier) (Aufschrift am Schachbrett unten:) Weiß am Zuge (Am Schachbrett wird das Schild gedreht:) Schwarz am Zuge Tage des Schachfiebers Nicht vergessen 10 Uhr STANDESAMT Merke Dir, meine Liebe, die Größte Gefahr für ein Familienleben ist das Schachspiel (Aushang in Geschäft:) Schachspieler bleib stehen! (Plakataufschrift:) Internationales Schachturnier (Bettler mit Schild um den Hals:) Eine milde Gabe für einen Blinden (Ende Rolle 1) ------------------------------------------ (Rolle 2) Ich habe nur Sie geliebt Sie lieben nur SCHACH Zwischen uns ist alles AUS! Ich werde mich V-E-R-G-I-F-T-E-N. Vorbei...Ich ertränke mich! Großvater, mein Leben ist ruiniert! Mein Kind, nimm von mir diesen Born des Trostes und der Ruhe (Buchaufschrift:) Die Muße der Weisen Sammelband der ältesten Schachexerzitien Ein verspäteter Glückwunsch (Kartonaufschrift:) Happy Standesamt Kolja hat gerade ein Damengambit hingelegt... da bleibt einem die Luft weg! Das Leben hat keinen Platz für mich. (Apothekenaufschrift:) Ausgabe auf Rezept (Aushängeschild:) APOTHEKE Geben sie mir einfach irgendetwas und davon so viel wie möglich und so giftig wie möglich (Aufschrift auf dem Fläschchen:) Rizinus Aber vielleicht ist LIEBE stärker als Schach? Zurück zur Braut Lassen sie mich! Dieses Schach hat mich dazu gebracht die ganze Welt zu hassen. Ich verstehe dieses Gefühl; wenn ich bei einer schönen Frau bin hasse ich Schach auch. Endlich habe ich einen Schachfeind gefunden! Sagen sie mir, wie ist es ihnen nur gelungen, sich vom Schachfieber zu heilen. (Plakat:) Internationales Schachturnier Noch einmal einen letzten Blick und dann...Schluß. Beim Turnier Eintrittskarten! Eintrittskarten! HIER SEHEN SIE, WAS DIE ERZÄHLUNGEN DES CHAMPIONS BEWIRKT HABEN Liebster, Liebster... ich wußte nicht, daß das so ein wundervolles Spiel ist! Mein Teurer, laß uns die Sizilianische spielen! Das Familienglück nimmt seinen Lauf!
(Quelle: Filmmuseum Düsseldorf)
KlassifikationTon/bewegtes Bild - Werk
Produktionsland
  • Rossiya
Filmgenre<Spielfilm>
Literatur/QuellenLiterarische Vorlage: Nikolai Schpikowski
ObjektnummerFM.Film.21103
Abteilung FM Filme