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BLINDMAN'S BALL

Datierung1988
BeschreibungBlindman's Ball' ist ein lyrischer Fllm. Er schildert weder Geschehen, noch Ereignis, sondern Zustand, Situation und Erinnerung, Traum. Aus der "Geschichte" der Personen des Films (zwei! Männer, zwei! Frauen - die allerdings auch identisch gesehen werden können - in verschiedenen Lebens- und Zeit-Umständen), erfahren wir nur Bruchstücke, Erinnerungs- details, aus denen wir - je nach unserer eigenen Befindlichkeit eine vage Story zu erkennen versuchen. Ein Mann ist krank. Er hat Angst zu erblinden. Seine Frau pflegt ihn. Sie ist zärtlich, aber sie "besitzt' auch den Wehrlosen. Er hat Angst-Träume, in denen auch die Erinnerung an banale Momente der Vergangenheit eingeschlossen sind. Glückliche Momente? Augen-Blicke, die repetiert werden. Fürchtet er deren Verlust? Er fürchtet die realen Bilder, die der Umwelt und die an den Wänden seiner Behausung. Der Spiegel über seinem Bett ist meist schwarz, reflektiert Lichtblitze oder minimale Licht- spiegelungen. Was um den Kranken herum geschieht, wird ihm zu Horror-Erlebnissen. So scheint der Schlafanzug, den seine Frau dem Liegenden sowohl an- wie auszieht, sich zu verlebendigen, wird zum marionettenhaften Gespenst. Seine Augen werden mit Wattebäuschchen bedeckt, eine feuchte Kompresse liegt über dem halben Gesicht. Geräusche und Klänge steigern sich unerträglich. Daß hiermit Horror erzeugt wird, wußte schon Hitchcock. Und auch auf den Rezipienten überträgt sich das innere Zittern, der variierte Herzschlag. Im musikalischen Rhythmus des Tango-Taktes, eine Uhr tickt, gegen Ende hört man einen Zug in der Ferne fahren. Stoff wird zerrissen, erst hörbar und dann viel später - auch sichtbar. Der Wasserstrahl aus der Kanne wird zum Katarakt. Habe Ich eine Lohengrin-Variation gehört, wenn die Katastrophe sich anbahnt, der Verrat der Frau? (Slangtext "und dann kommt der Tod herbei") Wie ist der Stellenwert der Donizetti-Arie am Ende des Films zu deuten: "Una furtiva lac rima negli occhi suoi spunto..." a capella gesungen über dem harten Tango-Phythmus? Fieberträurne. Die Bettwäsche wird zur wirren, verschlungenen Landschaft, der Kranke rennt ohne Ziel, herumwirbelnd, embryonal, er wird kopfüber gezeigt - schon zu Beginn des Films, abstürzend. Todesfurcht. Die optischen Erinnerungen, die ihn bedrängen, repetiert sein Gedächnis, auch das scheinbar Eindeutige verwirrend. Schatten bedrohen. Film im Film macht die Erinnerung noch unwirklicher. Das Jetzt und die Vergangenheit mischen sich. Die Pflegerin ist zärtlich (die Hände!), aber sie dominiert ihn auch. Er ist ihr ausgeliefert. Kann ich das gestümperte Bartschneiden mit der Schere mit dem Verlust des Simson seiner Manneskraft assoziieren? Tritt die verhüllte Zukunft auf? Sind die Schatten im Wasser Erinnerung oder Voraussage? Der Beginn des Films und sein Ende sind identisch: die Frau kleidet den Liegenden in einen frischen Schlafanzug. Das wird zu Beginn rückwärts laufend gezeigt, als entkleide sie ihn. Am Filmschluß sehen wir das Anziehen, jedoch seitenverkehrt zu der Anfangsszene, so daß die Identität nicht plakativ einsichtig wird. Spiel mit der Film-Zeit. Spiel mit allen Möglichkeiten der Logik der Bilder. Ein FILM, keine verfilmte Literatur. Begeisternd. Eva M. J. Schmid
(Quelle: Filmmuseum Düsseldorf)
KlassifikationTon/bewegtes Bild - Werk
Produktionsland
  • Deutschland
Filmgenre<Experimentalfilm>
ObjektnummerFM.Film.3129
Abteilung FM Filme