ObjektnummerP 2005-1101
Stehender Buddha iim Fürstenschmuck auf Lotosthron
ObjektbezeichnungSkulptur
Künstler*in
Unbekannt
Datierung19. Jahrhundert
Material/TechnikMit Schwarzlack versehenes Holz, blattvergoldet, jedoch auf Grund des Alters stark abgerieben
MaßeH 38, B 19,4, T 6,9 cm
BeschreibungDer, in einem mit Voluten und Rosetten verzierten Gewand gekleidete Buddha, hält in der rechten Hand das Cintamani-Wunsch-Juwel.Stilistisch ist das Buddha-Bildnis dem nördlichen Birma zuzurechnen und stammt wohl aus Mandalay.
Das Bild Buddhas ist eine auf dem indischen Subkontinent erstmals formulierte Darstellung, die - um die Zeitenwende entwickelt - bis heute fortgeführt wird. Aus dem Bedürfnis nach konkreter Vergegenwärtigung entstand seine figurale Zurschaustellung, dabei war das Prinzip indischer Kunst nicht Imitation. Ihr ging es um die Wiederholung verbindlicher Muster, nicht um eine individuelle künstlerische Leistung. Eine eurozentrische Kulturauffassung mit dem autonomen Schöpfer ist dem Asiatischen fremd gewesen.
Die Literatur berichtet, dass es ein buddhistisches Urbild gab, also einen Prototyp, auf den sich das traditionelle Buddha-Bild bis heute bezieht. Doch ist dies nur religiöse Legendenbildung. Auch die Vorstellung, das Abbild Buddhas sei eine Umformung einer Yaksha genannten Naturgeisterfigur, ist abzulehnen. Sein Vorbild war nach seiner zuerst anikonischen, durch Symbole vertretenen Darstellung allein die menschliche Gestalt. Denn Götter-Bilder, wie auch die von Heiligen, orientieren sich am Menschen, nicht umgekehrt. Das Ziel einer Buddha-Darstellung ist ein im Abbild des Erhabenen intendiertes Ideal musterhafter Verkörperung der in ihr zur Anschauung gebrachten Lehre.
Vollplastische Darstellungen Buddhas wurden erstmals in Gandhara - einem Gebiet im heutigen Afghanistan sowie Pakistan - und in Mathura - im Norden Indiens - herausgebildet. Gandharas Skulptur ist eine Gewandstatue. Ihr ist der Status des Rezeptiven, die Übernahme von Vorbildern des Mittelmeerraumes anzusehen. Gandharas Blütezeit war zwischen dem 1. und dem 5. Jh. n. Chr. Von vielen wird eine Urheberschaft im Hellenismus angenommen, der Buddha dabei gar als das Abbild des griechischen Apolls im Gewand des indischen Heiligen betrachtet. Doch ist die Gandhara-Skulptur wohl eher eine im Sinne des Wortes merkwürdige kulturelle Leistung, ein herausragender Beleg des Zusammentreffens einer abendländischen Ästhetik mit bildlichen Vorstellungen des Ostens und das Ergebnis einer sich gegenseitig befruchtenden Vereinigung gegensätzlicher Kulturen. Gandharas Buddha-Figuren sind aus grauem Schiefer und/oder Stuck geschaffen; ursprünglich waren sie bemalt und vergoldet. Mit ihrer Hilfe war es erstmals möglich, einen konkreten Bezug auf den Religionsgründer bildlich herzustellen. Die buddhistische Sakraldarstellung wurde, von der Seidenstraße ausgehend, in Asien verbreitet und hat die Lehre popularisiert.
Das Material der Sakralkunst Mathuras, südlich von Delhi gelegen, ist der in diesem Gebiet zu findende rote Sandstein. Es ist keineswegs der unterschiedliche Werkstoff - die Gandhara-Skulptur bedeutet Schiefer und/oder Stuck -, es sind die beinahe vollkommen gegensätzlichen Weltbilder sowie daraus geborene unterschiedliche ästhetische Überzeugungen, die die beiden Schulen buddhistischer Plastik ausmachten und ihre Kulturbilder so verschieden erscheinen lassen.
Die Plastik Mathuras zeichnet sich vor allem durch eine noble, geradezu explizite Vergeistigung aus. Und es ist das unabdingbare Prinzip traditioneller indischer Kunst, welches in ihr zur Anschauung kommt: nämlich die Darstellung des Sakralen und seine in Mathura anlagebedingte, geradezu suggestive Bestimmtheit. Diese spezifische Sichtbarmachung des Transzendenten, also das Überschreiten des sogenannten Wirklichen, gründet sich - anders als in Gandhara - in Mathura unter weitgehendem Verzicht auf fremdländische Vorbilder. Welche von beiden Kunstschulen - ob nun Mathura oder vielleicht doch Gandhara - haben es eher zum vollplastischen Bildnis Buddhas geschafft? Aus der historischen Distanz ist dies nicht mehr zu entscheiden.
Die wichtigste Regel für die Formulierung einer Buddha-Darstellung heißt: die Formulierung des Schönen und der Ausdruck des Idealen. Ihr Ergebnis ist die erhabene Körpergestalt eines allen Überlegenen, mit immerwährender Jugendlichkeit Versehenen. Buddha-Figuren werden zumeist vergoldet. Im Buddhismus bedeutet Gold auch die Veranschaulichung eines der traditionellen zweiunddreißig Hauptmerkmale der Darstellung seines Heiligen, denn der Körper des Erhabenen wurde als goldfarben beschrieben. Traditionell ist Gold - und mit dem Bestreben buddhistischer Lehre unabdingbar verbunden - ein Kennzeichen für Wahrheit und Wert.
Zu den verbindlichen Gestaltmustern einer Buddha-Darstellung gehört auch ein Lächeln. Es ist das in ihm bildhaft gewordene Versprechen einer durch Meditation erreichbaren und von Materialität unabhängigen Glückseligkeit. Für buddhistische Sakralwerke bestimmte Regeln heißen zudem: Muskelmassen-Verzicht, keine Darstellung individueller Hautbefindlichkeit, Adern-Abbildung sowie persönlicher Merkmale. Andererseits sind lange Ohrläppchen, durch das Tragen schwerer Ohrgehänge entstanden - Hinweis auf eine fürstliche Herkunft -, lockiges Haar sowie bestimmte Sitz- oder Stehordnungen verbindlich. Dies hat ein immer wieder hervorgebrachtes Normwerk etabliert.
Mudras der Buddha-Darstellungen, diese körperliche Gesten, sind keine festgelegten Körpermuster und auf buddhistische Darstellungen beschränkt. Seit alters her sind sie von der Körperschulung des Yogas bekannt. Nicht zuletzt zeigt der indische Tanz ein Repertoire an Bewegungsmodi, welche an mudras denken lassen. Es ist die in ihnen versinnbildlichte Idee, (für einen Moment) innezuhalten, welches bildnerisches Mittel der Sakraldarstellung wird.
Der Theravada-Buddhismus drückt Lebensereignisse des Religionsstifters im Buddha-Bild aus, während im Mahayana-, noch mehr im Vajrayana-Buddhismus mudras als Sinnbilder einzelner Buddhas oder zur Darstellung sonstiger Sakralgestalten dienen.
Durch ineinander oder nebeneinandergelegte Hände drückt die dhyana-mudra Meditation aus, sie verweist auch auf Buddhas Erwachen. Zudem drücken Körpergesten im Buddha-Bild die Schutz gebenden Eigenschaften des Erhabenen und die seiner Lehre aus: Urteilskraft, Vernunft sowie Barmherzigkeit. Die wohl am meisten verwendete ist die bhumisparsa-mudra. Sie zeigt Buddha mit auf die Erde weisender rechter Hand und stellt seinen Kampf mit dem Dämonen Mara dar, in dessen Verlauf er die Erde als Zeugin anruft.
Indien begründete den Buddhismus sowie die hinduistische Götterwelt. Sind es im Buddhismus vorwiegend Darstellungen des Erhabenen, ist es im Hinduismus eine architektonisch-skulpturale Inszenierung, in der die Welt der Götter der Sphäre des Menschen begegnet und sie heiligt.
Während der Buddhismus ein auf Selbstverantwortung ausgerichteter Glauben und eine Lebenspraxis ist, dabei den Weg zur Erlösung vom Rad der Wiedergeburt anstrebt, ist der Hinduismus eine auf vielfältige, geradezu komplexe Gottesvorstellungen basierende Religion; dabei kommt sie ohne eine zentrale Instanz, eine historische Stifterfigur aus. Dafür ist sie mit einen überaus reichen, vielgestaltigen Pantheon ausgestattet.
Der Buddhismus strebt den von Buddha vorgegebenen Mittleren Weg an und sucht Erlösung ohne Gottesinstanz durch Arbeit an sich selbst. Dieser Weg zielt weder auf strenge Askese noch auf übermäßigen Genuss; lehnt jedoch - wie im Hinduismus - Alkohol und Drogen ab, dazu gehört auch eine unbotmäßige sexuelle Betätigung.
Seine Theravada-Schule stellt die älteste Form buddhistischer Lehre dar. In ihr können nur Mönche Erlösung und das Nirwana erreichen; zwischen ordinierten Personen und dem Laienstand wird deutlich unterschieden. Mit Ausnahme des zukünftigen Buddha Maitreya wird im Wesentlichen der historische verehrt, nicht wie im Mahayana-Buddhismus, in dem neben dem Erhabenen auch Bodhisattvas - diese verzichten zugunsten der Unterstützung von Gläubigen auf das schon mögliche erlösende Erlöschen und bleiben im Kreislauf der Wiedergeburt - sowie weitere Buddhas in den Kult einbezogen werden. Der Mahayana-Buddhismus weist zudem einen Erlösungsweg, in dem auch Laien das Nirwana erreichen können. Auch integrierte er lokale Gottheiten. Er spielte zudem - als Reaktion auf das sich entwickelnde Bedürfnis nach einer konkreten Vergegenwärtigung - für die Schaffung des Buddha-Bildes eine gewichtige Rolle. Eine Sonderform des Mahayana stellt der Vajrayana-Buddhismus der Himalaya-Länder dar - besonders in Tibet - mit dem Lama als Heilsübertrager.
Hindu-Götter sind wie im Buddhismus nach einem Kanon gleicher Regeln gestaltet. Vermittelt sich das hinduistische Pantheon durch menschliche oder tierische Gestalten, ist es mit Gautama Buddha die Anschauung einer historischen Person. Sein Abbild ist jedoch kein Porträt, sondern die mit dem Heil seiner Lehre assoziierte Vorstellung eines sie vertretenden geeigneten Typus, oft eine uniform wirkende Darstellung eines Meditierenden. Ihre Voraussetzung ist eher der Verlust von Wirklichkeitsbindung, während der Hinduismus diese für seine Götterbilder geradezu sucht. Das von den Brahmanen geführte indische Kastensystem war sicherlich schon im 5. Jh. v. Chr. als ein Problem betrachtet worden. Daher stellte die durch den Buddhismus verkörperte Gleichwertigkeit aller Menschen sicherlich auch eine neue gesellschaftliche Auffassung dar.
Eine schriftliche Überlieferung setzte erst Jahrhunderte nach Buddhas Ableben (circa 563 bis 483 v. Chr.) ein. In den sogenannten Sammlungen sowie in weiteren Aufzeichnungen wurden seine Lehrreden in einen Kodex überführt; die meisten Originaltexte sind verloren und nur in chinesischen sowie in tibetischen Übertragungen erhalten. Die ersten überkommenen Aufzeichnungen des Hinduismus sind unter anderem die Veden; eine der Grundlagen indischer Philosophie überhaupt. Aus dieser vom Brahmanentum geförderten Gedankenwelt entwickelte sich der in der heutigen Form gelebte Hinduismus: Weitere seiner wichtigen Abfassungen sind die Puranas und die Upanishaden. Der buddhistische Sakralbau, der Stupa sowie der hinduistische Tempel sind Abbilder kosmologischer Vorstellungen.
Die Kunstentwicklung Birmas/Burmas, seit 1989 Myanmar, ist zweifellos ganz eng mit dem dort bis heute intensiv praktizierten buddhistischen Glauben verbunden. Ihre herausragenden Erzeugnisse finden sich in der Architektur; namentlich in der einem buddhistischen Kosmos gleichen Pagoden-Stadt Bagan. Für die buddhistische Skulptur Birmas kann nicht in einem solchem Maß wie für seine Bauformen von einer stringenten, schon gar nicht von einer einheitlichen Herausbildung gesprochen werden. Zu unterschiedlich waren ihre Anreger, wie etwa die Kultur der Mon-Völker und die in den unterschiedlichen Königreichen geschaffenen Formen.
Die Grundlage für die bildende, dies heißt für die sakrale Kunst Birmas waren ebenfalls die aus Indien bekannten Muster. Dies lässt sich selbst noch im 11. bis in das 13. Jh. n. Chr. hinein in Sakralbauten Bagans wie in der dortigen Shwezigon-Pagode in Nyaung U bei Bagan nachweisen.
Die wohl markanteste Ausformung buddhistischer Plastik geschieht auch in dieser Zeitphase, in der das Indische zwar immer noch gespiegelt wird, doch der Typus des in Bagan gebräuchlichen Buddhas bereits entwickelt ist: Ein Sitzender oft aber auch ein Stehender mit strengem, von einer langen, in Papageienschnabelform gebildeten Nase markiertem, schmalem und mit gut ausgeprägten Lippen gestaltetem Gesicht. Diese Darstellung ist noch nicht das angenehm, bald lieblich, ausgesprochen schöne, am Menschentypus der Birmanen herausgebildete Buddha-Antlitz, wie es den Erhabenen in der buddhistischen Skulptur nach Bagan bis heute dort auszeichnet. Ansonsten haben sich im Shan-Land, einer großen Region im östlichen Myanmar/Birma, um Mandalay oder etwa in Arakan, im Südwesten des Landes, eigene Typen der Buddha-Darstellung herausgebildet. Auch um die Stadt Monywa, nordwestlich von Mandalay ist ein eigenes, sehr reiches, mit vielen Dekorationen versehenes Buddha-Bild in der historischen Spätphase der Erhabenen-Darstellung im 19. Jh. entstanden.
Wegen des alles überragenden Buddhismus sind nur wenige hinduistische Skulpturen in Myanmar/Birma überkommen. Dagegen aber viele Darstellungen sogenannter Nats: Sie sind aus dem Animismus hergeleitete, bis heute neben dem Buddhismus im religiösen Kosmos Birmas/Myanmars sicher verortete, auch in der skulpturalen Vorstellung für viele Birmanen Gegenwart werdende, schützende Geister.
W. Alberg
Klassifikation3D Kunst - Skulptur
Entstehungsort
KlassifizierungSkulptur
SchlagwortHolz
SchlagwortGold
SchlagwortLack
SchlagwortBlattvergoldung
SchlagwortLotus
SchlagwortReligion
Copyright DigitalisatKunstpalast, Düsseldorf, Foto: LVR-Zentrum für Medien und Bildung, Stefan Arendt, 2011
Literatur/QuellenVgl.: Katalog: Schätze..., Tafel 40, Sammlung KönigIn Sammlung(en)
Institution
Kunstpalast
ProvenienzSchenkung von Prof. Dr. Dr. h. c. Bruno Werdelmann, Ratingen, 25.10.2004
ca. 1850–1900
ca. 15. Jahrhundert
15./16. Jahrhundert
14./15. Jahrhundert
um 1400
14./15. Jahrhundert
Unbekannt
10. Jahrhundert, vielleicht auch 8./9. Jahrhundert