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Valentin Sonnenschein

Andere Namen
  • Johann Valentin Sonnenschein
  • Valentin Sonnenschein
deutsch, 1749 - 1828
BiographieStuckateur, Bildhauer, Porträtist und Zeichenlehrer. Modelleur für die Porzellanmanufakturen in Ludwigsburg und Kilchberg bei Zürich. Ab 1775 in der Schweiz tätig.
Valentin Sonnenschein, Sohn eines Schneiders, absolvierte 1763–66 am württembergischen Hof eine Lehre beim Hofstuckateur Ludovico Bossi. In den verschiedenen Schlössern des auf prunkvolle Repräsentation bedachten Herzogs Karl Eugen führte er mit Bossi Dekorationen aus, die Elemente des aufkommenden Frühklassizismus zeigen. Sonnenscheins selbständige künstlerische Tätigkeit setzte 1769 ein mit umfangreichen Stuckarbeiten auf Schloss Solitude bei Stuttgart (zerstört). Spätestens 1770 leitete er die Stuckateurklasse der Karlsschule, die rasch zur künstlerischen Eliteakademie des Herzogtums avancierte. 1771 Heirat mit Christiana Gräber. 1774 reiste er auf Einladung von Johann Caspar Lavater zur Erholung für einige Monate nach Zürich. Jahre harter Arbeit hatten ihn an den Rand des physischen Ruins gebracht. Die wohlwollende Aufnahme in den Kreis der Gelehrten um Johann Jakob Bodmer und Johann Jakob Breitinger sowie das rege geistige Klima in der von aufklärerischem Geist geprägten Stadt bewogen ihn ein Jahr später zur Flucht nach Zürich. Aufgrund eines Rechtfertigungsschreibens (Memoriale) gewährte die Regierung Sonnenschein Asyl. Im heutigen Haus Zum Kiel führte er um 1776 eine prachtvolle Raumgestaltung aus, die das neue ästhetische Ideal des Frühklassizismus in Zürich vorstellte. Freundschaftlich verbunden war Sonnenschein mit Salomon Gessner, dessen arkadische Motivwelt er mit Werken wie Amynthas und Chloe (um 1780, Zürich, Schweizerisches Landesmuseum) ins Plastische umsetzte. Sonnenschein verdankte seinem Gönner Lavater die Stelle als Zeichenlehrer im Kunstsaal zum Wollenhof sowie ab1775 die Tätigkeit als Modelleur an der Zürcher Porzellanmanufaktur. 1779–1815 lehrte er an der neu gegründeten Kunstschule in Bern, wo er mit seiner Frau und den Töchtern Regula und Susette lebte. In Bern, wo Sonnenschein die epochalen Umwälzungen am Ende des Jahrhunderts miterlebte, waren insbesondere seine Fähigkeiten als Porträtist gefragt. Er führte zahlreiche Bildnisse von Protagonisten des lokalen politischen und geistig-kulturellen Lebens aus.

Sonnenscheins Stil wurde durch die württembergische Hofkunst, im speziellen durch den Unterricht bei den Hofkünstlern Nicolas Guibal, Wilhelm Friedrich Beyer und François Lejeune ausgebildet. Während seiner Zürcher Lehrtätigkeit und in Kenntnis der Schriften zur Physiognomik seines Mentors Lavater veränderte sich sein Porträtstil. Sonnenschein verzichtete auf idealisierende Überhöhung zugunsten einer die Charakterzüge der Porträtierten betonenden Wiedergabe (Bronzebüste des Zürcher Bürgermeisters Johann Konrad Heidegger, 1778, Zentralbibliothek Zürich). Innerhalb des frühklassizistischen Formenkanons entwickelte er eine eigenständige Stilvariante, die von bewegter Anmut geprägt ist.

Im Musiksaal des Hauses Zum Kiel manifestiert sich sein vielseitiges Können: Hier schuf Sonnenschein mit der Innenausstattung, die figürliche Reliefdarstellungen von Musen und antiken Heroen in ein klares, die Wand gliederndes Dekorationssystem einfügt, ein grossangelegtes Raumkunstwerk. Diese Arbeit gilt als sein Hauptwerk und sichert ihm den Rang des bedeutendsten frühklassizistischen Plastikers in der Schweiz. Sonnenscheins höfische Herkunft äussert sich auch in der heute noch fragmentarisch erhaltenen Werkgruppe mit mythologischen Themen. Mit diesen meist in Terrakotta ausgeführten Reliefs stiess er bei den bürgerlichen Auftraggebern allerdings auf wenig Interesse. Im grossformatigen Relief Opferung der Iphigenie (1780, Kunstmuseum Bern) vereinigte Sonnenschein sämtliche Stufen plastischen Gestaltens vom Flachrelief bis zur Vollplastik in einer überzeugenden Komposition.

Bei den im Auftrag des Berner Patriziats ausgeführten Bildnissen war für den Künstler weniger die formale Strenge des Klassizismus als eine barocke Bewegtheit verpflichtend. Eine eigenständige Leistung sind die dem Gedenken geliebter verstorbener Personen zugeeigneten Memorialbildnisse, in denen Sonnenschein jeweils ein postumes Porträt mit der Darstellung eines Todesgenius kombinierte. Er hat es verstanden, mit diesen durch die Geistesströmung der Empfindsamkeit geprägten und vom Bürgertum hochgeschätzten Porträts die höfische Denkmalplastik in eine privat-bürgerliche Sphäre zu übertragen. Obwohl Sonnenschein bis 1815 als Lehrer tätig war, hatte er keine unmittelbare Nachfolge.

Werke in institutionellen Sammlungen (Auswahl): Kunstmuseum Bern; Bern, Bernisches Historisches Museum; Schloss Jegenstorf; Château de La Sarraz; Zürich, Musiksaal im Haus Zum Kiel, Hirschengraben 20, Stuckdekorationen; Zürich, Haus Zum Schwanen, Alkovenzimmer; Zürich, Schweizerisches Landesmuseum.

Quelle: Gabriele Lutz: «Valentin Sonnenschein». In: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, 2017 (erstmals publiziert 1998).
Gabriele Lutz, 1998, aktualisiert durch die Redaktion, 2017
URL: https://recherche.sik-isea.ch/sik:person-4023520/in/sikart, aufgerufen am 16.4.2025.




WirkungsortZürich, Zürich, Schweiz
GeburtsortStuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland
SterbeortBern, Bern, Schweiz
WirkungsortLudwigsburg, Baden-Württemberg, Deutschland
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