ObjektnummerP 2005-1147
Stehende Hindu-Göttin auf Plinthe
ObjektbezeichnungSkulptur
Datierung12./14. Jahrhundert
Material/TechnikBronze mit malachitgrüner Patina und Erdverkrustungen. Die Unterarme sind abgebrochen, daher die Attribute nicht mehr festzustellen.
Möglicherweise handelt es sich um eine der drei Gattinen Shivas: Uma, Lakshmi oder Parvati.
Möglicherweise handelt es sich um eine der drei Gattinen Shivas: Uma, Lakshmi oder Parvati.
MaßeH 15,2, B 5,1, T 2,7 cm
BeschreibungDas Haupthaar ist zu einer Lotusknopse geformt. Die Figur trägt eine Khmer-Krone, reichen Brustschmuck sowie einen von einem Schmuckgürtel gehaltenen langen Sampot, einen Wickelrock. Der linke Arm und die rechte Hand sind nicht mehr vorhanden.Sie stellt eine für die Lopburi-Periode im nördlichen Siam dort typische Übernahme von Stil-Mitteln der Khmer dar. Die Plinthe weist auf eine vormalige Positionierung in einer Sakralarchitektur hin, in der die Figur sehr wahrscheinlich mit zwei weiteren Skulpturen präsentiert war.
Siam: Lopburi-Stil
Die Werke des Lopburi-Stils stammen aus dem ca. 7. bis 14. Jh. In ihrer religiösen Ausprägung sind sie ein Konglomerat des Theravada- und des Mahayana-Buddhismus sowie aus Vorbildern des Hinduismus entstanden. Zudem vereinen sie Bildvorstellungen der Khmer sowie der Mon-Völker. Dabei sind sie ein später Nachklang der von der letztgenannten Volksgruppe, den Mon, bestimmten Dvaravati-Periode.
Zu Anfang des 11. Jh. verfügten die Khmer im alten Zentral-Siam über die Macht. Sie ließen sich in der Mon-Hauptstadt Lopburi nieder und drängten die ursprünglichen Bewohner zurück. Die Mon konnten daher nur noch den Norden durch ihre eigene Kultur weiterhin gestalten, während die anderen Teile Siams fast vollständig von der bis in das 13. Jh. dauernden Herrschaft der Khmer überdeckt sowie durch deren Kultur dominiert wurden. Daher sind die Plastiken der Lopburi-Periode ganz unmittelbare Zeugen der Khmer im alten Siam. Teilweise ähneln sie sich so stark, dass nicht immer mit letzter Sicherheit zu entscheiden ist, ob es sich um ein Werk der Khmer aus dem Gebiet des heutigen Kambodscha handelt oder um ein Beispiel der Kunst Lopburis.
Eines der Hauptmerkmale des Lopburi-Stils ist die Konzentration auf den Gesichtsausdruck, zudem sind es die großen Locken meist stehender Buddhas und die zusammenlaufenden Augenbrauen. Die Betonung des Antlitzes ist zweifellos durch den Khmer-Bayon-Stil vom Ende des 12. bis zu Anfang des 13. Jh. . aus der späten Angkor-Phase hergeleitet. Ein ganz charakteristisches Zeichen des Lopburi-Stils ist auch die in ihm zu findende, aus dem indischen Pala-Stil, Mitte des 8. bis zum 12. Jh., entlehnte Darstellung eines Diadem tragenden Buddhas, wie er in der Khmer-Sakralkunst ebenfalls zu finden ist. Zudem ist es seine oft etwas nachdeutende bildnerische Haltung in einer Gestaltauffassung, der das Rezipierende, darin Nachahmende und eine auch nicht selten festzustellende Übertreibung, etwa im auffälligen, geradezu wörtlich zu nehmenden Figurenschmuck anzumerken ist.
Auch ist es eine Übernahme und die Transformation der Kulturauffassung der Khmer. Zu ihr gehörte das alles überragende des Indischen in den Buddha-Bildern, zudem die Darstellung von Bodhisattwas und männlicher wie weiblicher, nunmehr hinduistischer Götterdarstellungen: Abbilder Shivas oder jene der Uma und Parvati, seine Gattinnen.
Die Kultbilder Siams wurden nicht nur vor dem Hintergrund verschiedener Dynastien erschaffen, sie werden auch nach den mit den ihnen verbundenen Herrschern, Reichen oder nach den Hauptstädten ihrer einzelnen Länder bezeichnet. Das aus eigenständigen Reichen bestehende alte Siam wurde durch die birmanische Kultur, die der Khmer sowie durch jene aus Laos beeinflusst. Der von den Mon-Völkern geprägte Kunststil war von herausragender Bedeutung, zudem die Rezeption südindischer Plastik.
Die Kultur des Sukhothai-Reiches ab dem 13. Jh. wird als Wiege der autonomen Kunst Siams verstanden. Ihre wohl größte Leistung ist die Abstraktion verfeinerter, wie aus dem Grafischen kommender Vergegenwärtigung. Es ist eine Darstellung der Weltabgewandtheit, in der das Buddha-Bild das Antlitz des Aristokratischen erhält.
Der Hinduismus blieb im Wesentlichen auf Indien beschränkt. Allein auf Südostasien, die Kunst der Khmer und auf den indonesischen Inselarchipel, dort im Besonderen nach Bali und nach Ostjava, strahlte er aus. Mit dem hinduistischen Glauben und seiner Praxis ist durchaus auch Genuss in der Lebensgestaltung verbunden, gepaart mit grundsätzlicher, freilich nicht immer angewandter Toleranz gegenüber anderen Glaubensvorstellungen.
Auch den Hinduismus prägt - wie den Buddhismus oder den Jainismus - der Glaube an die Lehre des Karmas, nämlich das von ihm vertretene Prinzip von Ursache und Wirkung. Zudem vereinen die gennanten Religionen das Wissen um eine Wiedergeburt sowie der Glaube an die Möglichkeit, aus ihrem Kreislauf durch Erlösung auszutreten und den Zustand des Nirwanas zu erreichen.
Das heißt, diese drei Religionen - Buddhismus, Hinduismus und Jainismus - haben neben dem schon angesprochenen Ziel der Erlösung und der erwünschten Erleuchtung, den von ihnen allen ebenso gewünschten Verzicht auf eine Wiedergeburt gemeinsam.
Und dies ganz im Gegensatz etwa zum Christentum. Denn dessen Leistung ist ja geradezu durch das Versprechen und die Hoffnung auf ein neues Leben geprägt. Seine Heilsbotschaft hält damit ein Angebot bereit, die des Menschen immanente Angst vor dem Tode zu überwinden, zumindest diese zu lindern.
Die ersten überkommenen Aufzeichnungen des Hinduismus, die Veden, Sanskrit, Wissen, Rigveda, Samaveda, Yajurveda sowie Atharveda aus der sogenannten frühvedischen Zeit, etwa ab 1500 v. Chr. sind die Grundlage indischer Philosophie überhaupt. Aus dieser Gedankenwelt entwickelte sich wohl im 5. Jh. v. Chr. der in der heutigen Form gelebte Hinduismus. Das erste Jahrtausend v. Chr. ist auch jener Zeitraum, in dem weitere seiner wichtigen Abfassungen, die Puranas und die Upanishaden, entstanden.
Die Blütezeit des Hinduismus wird ab Ende des 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung angesetzt und im indischen Mutterland durch das Fortschreiten des Islam teilweise wieder zurückgedrängt. Der Hinduismus unterscheidet in seinen schriftlichen Quellen zwischen offenbarten Texten, Shruti, Sanskrit, das Gehörte sowie den nicht offenbarten Smriti. Zu den namentlich geläufigeren gehört die Bhagavad-Gita, spirituelles Lehrgedicht aus 700 Versen in 18 Kapiteln.
Zu den Eigenarten des Hinduismus gehört auch eine übliche intensive Bindung an einen geistlichen Lehrer beziehungsweise Guru. Zu den Hauptgöttern seines überaus vielgestaltigen Pantheons gehören Brahma, Shiva und Vishnu.
W. Alberg
Klassifikation3D Kunst - Skulptur
Entstehungsort
Copyright DigitalisatKunstpalast, Düsseldorf, Foto: LVR-Zentrum für Medien und Bildung, Stefan Arendt, 2011
AusstellungsgeschichteDüsseldorf 2006
Mythos, Erleuchtung, Ebenbild. Skulpturen des Buddhismus und Hinduismus - Sammlung Werdelmann, Tonhalle, Grünes Gewölbe, Ehrenhof 1, Düsseldorf
Mythos, Erleuchtung, Ebenbild. Skulpturen des Buddhismus und Hinduismus - Sammlung Werdelmann, Tonhalle, Grünes Gewölbe, Ehrenhof 1, Düsseldorf
In Sammlung(en)
Institution
Kunstpalast
ProvenienzSchenkung von Prof. Dr. Dr. h. c. Bruno Werdelmann, Ratingen, 25.10.2004
Wohl 14. Jahrhundert
11./13. Jahrhundert
12. Jahrhundert oder später
15./16. Jahrhundert
ca. 15. Jahrhundert
14./15. Jahrhundert
14./15. Jahrhundert
um 1400
7./9. Jahrhundert
8./10. Jahrhundert
9. Jahrhundert n. Chr. ? oder später